Offenes Ohr für die Sorgen der Bauern
Erzbischof besucht Viehbetrieb in Medlitz und ruft zum vertrauensvollen Dialog auf
Rattelsdorf. Der Bamberger Erzbischof hat bei einem Besuch auf dem Hof der Familie Böhmer im Rattelsdorfer Ortsteil Medlitz die Verantwortung der Landwirte für Klima- und Umweltschutz betont und ihre zentrale Rolle für die regionale Lebensmittelversorgung gewürdigt. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Bayerischen Bauernverbands (BBV) diskutierte er aktuelle Herausforderungen der Landwirtschaft.
Bei einem Hofrundgang berichtete Landwirt Daniel Böhmer von der wachsenden Belastung durch Bürokratie: „Es dauert zwei Wochen, die Düngemittelbedarfsermittlung oder die Arzneimitteldokumentation korrekt zu erledigen.“ Seniorchef Edgar Böhmer ergänzte: „Früher verbrachte der Bauer den Sonntagvormittag in der Kirche und beim Frühschoppen, heute sitzt er im Büro und erledigt Papierkram.“
Der Bezirkspräsident Hermann Greif des BBV wies auf die psychische Belastung vieler Landwirte hin und betonte die Bedeutung der regionalen Lebensmittelversorgung. „Verbraucherinnen und Verbraucher müssen lernen, Lebensmittel verantwortungsvoll zu nutzen“, sagte er. Tatsächlich entfallen rund 59 Prozent der 6,5 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr auf Haushalte, nur zwei Prozent auf die Landwirtschaft.
Der Erzbischof bot an, die Fachkompetenz der Landwirte in kirchliche Diskussionen über Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung einzubringen. Bezirksbäuerin Beate Opel warnte vor pauschalen Vorurteilen zu Pflanzenschutz und Düngung.
Im anschließenden Gespräch zeigte der Erzbischof Verständnis für die Sorgen der Landwirte: „Bürokratische Vorschriften dürfen nicht von grundsätzlichem Misstrauen geprägt sein. Vertrauen ist eine christliche Grundhaltung.“ Gleichzeitig würdigte er den Sinn vieler Regelungen für den Verbraucherschutz und zog Parallelen zwischen Kirche und Landwirtschaft: Erfahrungswissen gehe verloren, während Verwaltungsaufwand steige.
„Ich bewundere das Engagement der Landwirte, sieben Tage die Woche für ihren Betrieb zu arbeiten. Das ist heute nur noch schwer zu vermitteln“, sagte er. Auch in der Kirche gebe es unterschiedliche Positionen zu biologischer und konventioneller Landwirtschaft. „Wir müssen im Gespräch bleiben, ohne zu streiten. Gesunde Ernährung heißt nicht, mehr Fleisch zu essen – aber die Bratwurst muss niemandem verboten werden.“
Der Bauernhof der Familie Böhmer bewirtschaftet rund 130 Milchkühe, die mit zwei Melkrobotern versorgt werden, und betreibt eine eigene Biogasanlage. Die Kombination aus Milchviehhaltung, Marktfruchtanbau und Energiegewinnung zeigt ein Beispiel nachhaltiger Kreislaufwirtschaft, das der BBV ausdrücklich hervorhebt.