Neue Ausweisung Roter Gebiete: Unterfranken erneut stark betroffen
BBV fordert gerechte und praxisnahe Bewertung
Unterfranken ist erneut überproportional betroffen
Laut aktueller Fortschreibung der Roten Gebiete durch den Freistaat Bayern würden Ende 2025 rund 65.000 Hektar Ackerfläche, das entspricht rund 36 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Unterfranken, unter strikte Düngevorgaben fallen. Das wäre ein Zuwachs von über 50 % im Vergleich zur bisherigen Ausweisung.
Kritik am Verfahren der Gebietsausweisung
Die Grundlage für die Gebietsausweisung ist das messstellenbasierte Verfahren. Doch dieses wird vom Bayerischen Bauernverband (BBV) scharf kritisiert: Es bilde die tatsächliche Belastungssituation nicht realitätsnah ab.
Trotzdem sehen sich viele Betriebe mit erheblichen Einschränkungen konfrontiert – etwa durch reduzierte Düngemengen bei Hauptkulturen wie Qualitätsweizen, Dinkel oder Durum. Auch Zwischenfrüchte dürfen nicht bedarfsgerecht angedüngt werden. Das gefährde nicht nur die regionale Getreideversorgung, sondern auch die wirtschaftliche Grundlage vieler Familienbetriebe.
„Wir können unseren Landwirten nicht erklären, warum sie nicht mehr fachgerecht düngen dürfen, obwohl es kein Überdüngungsproblem gibt. Diese Politik gefährdet sowohl die Ernährungssicherheit als auch das Vertrauen in die Maßnahmen“, so Stefan Köhler, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes Unterfranken.
Kein Überdüngungsproblem, sondern benachteiligt durch Systemfehler
Unterfranken weist besondere geologische und klimatische Bedingungen auf, die im aktuellen Verfahren unberücksichtigt bleiben:
- Ein Großteil der betroffenen Flächen liegt im geologisch inhomogenen Keuper, der häufig gar keinen wasserwirtschaftlich relevanten Grundwasserleiter bildet.
- Quellen im Keupergebiet sind unregelmäßig und liefern stark schwankende Nitratwerte. Teilweise reicht ein einmalig erhöhter Wert, um ganze Gebiete als Rot einzustufen.
- Durch die Lage im Regenschatten von Rhön und Spessart entstehen sehr geringe Sickerwassermengen. Selbst bei optimaler Nährstoffbilanz sind rechnerisch oft Grenzwerte überschritten.
Die Folge: Statt gezieltem Gewässerschutz kommt es zu pauschalen Bewirtschaftungseinschränkungen – ohne wirksame Umweltverbesserung.
BBV fordert: Fachlich fundiertes, regional angepasstes Verfahren
Der BBV Unterfranken verlangt daher eine schnelle, grundlegende Reform des Ausweisungsverfahrens.
Die Landwirte fordern zielgerichtete, praxisnahe Lösungsansätze:
- regionale Differenzierung, die Geologie, Klima und Grundwasserverhältnis berücksichtigt.
- Ausnahmeregelungen und einzelbetriebliche Bewertungen, wie sie auch EU-rechtlich vorgesehen sind.
- Kooperative Ansätze mit fachlicher Beratung, etwa durch Zusammenarbeit mit Wasserversorgern – statt reiner Verbotspolitik.
- Stärkung freiwilliger Agrarumweltprogrammen statt pauschaler Einschränkungen ohne ökologische Wirkung.
„Wer die regionalen Unterschiede ignoriert, schafft kein Vertrauen, sondern Frust auf den Höfen. Wir brauchen eine praxisgerechte, wissenschaftlich fundierte Bewertung – keine pauschalen Verbote, die die Betriebe belasten, ohne den Gewässerschutz zu verbessern“, so Umweltpräsident Köhler.
Fazit: Rote Gebiete differenziert und gerecht ausweisen
Der BBV Unterfranken appelliert an die Bundespolitik, die besonderen Standortbedingungen der Region künftig stärker zu berücksichtigen. Ziel müsse ein ausgewogener Ansatz sein, der sowohl dem Gewässerschutz als auch der Zukunftsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe gerecht wird.