Der Ackerboden
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Ackerboden - Boden des Jahres

Ackerboden – Boden des Jahres 2023

Das verborgene Multitalent: Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen ungebremst

13.07.2023 | Das Jahr 2023 steht ganz im Zeichen des Ackerbodens – dem Boden des Jahres. Auf dieser Seite machen wir ihn daher zum "Star"! In Ackerboden steckt viel mehr, als es auf den ersten Blick scheint, denn viele seiner Talente liegen im Verborgenen. Wir graben danach und bringen sie im Laufe des Jahres ans Licht.

Auch auf Instagram graben wir ab Mai 2023 immer wieder tief. Schauen Sie vorbei und machen Sie mit bei unseren Bilderrätseln zum Thema Ackerboden. Wie gut kennen Sie den Boden des Jahres 2023 und seine Talente?

Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen ungebremst

Bayern und seine Kulturlandschaft sind wesentlich geprägt von der Land- und Forstwirtschaft. Gerade auch für den Tourismus in allen ländlichen Regionen Bayerns ist das eine bedeutende Grundlage. Aktuell umfasst die Landwirtschaftsfläche Bayerns etwa 3,1 Millionen Hektar Acker- und Grünland. Das entspricht rund 44 Prozent der Gesamtfläche Bayerns, auf denen rund 105.000 Bauernfamilien hochwertige Nahrungsmittel, Futter für ihre Tiere und nachwachsende Rohstoffe erzeugen.

Nach wie vor gehen den landwirtschaftlichen Familienbetrieben durch raumbedeutende Planungen sowie durch Siedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen etwa 4.000 Hektar Bewirtschaftungsflächen pro Jahr verloren. Das sind rund 11 Hektar täglich! Flächen, die auch für Insekten, Bienen, Vögel und Wildpflanzen Lebensraum sind.

Seit 1960 wurden der bayerischen Landwirtschaft bereits mehr als 870.000 Hektar
landwirtschaftliche Flächen entzogen. Dies ist mehr als die bewirtschafteten Acker- und Grünlandflächen in den Regierungsbezirken Schwaben und Unterfranken.

 

 

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Flächenkarte Bayern, Bezirke schwaben und Unterfranken in grau weggebrochen

Vor allem über Siedlungs- und Verkehrsprojekte mit den damit verbundenen Begleitflächen wie Böschungen oder Entwässerungsmaßnahmen werden Flächen "gefressen". Aber auch durch sogenannte Ausgleichsflächen. Das Hauptproblem ist, dass es für landwirtschaftliche Nutzflächen keinerlei Schutzregelung oder Erhaltungsgebot gibt. Werden Ackerflächen für Baumaßnahmen benötigt, müssen – über die unmittelbar benötigte Fläche hinaus – sogar zusätzlich noch Ausgleichsflächen für den Natur- und Artenschutz geschaffen werden. Dies geht wiederum meist zulasten landwirtschaftlicher Nutzflächen. Immerhin gibt es beim Artenschutz die Möglichkeit, anstelle dieser Ausgleichsflächen sogenannte produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PiK-Maßnahmen) auf bewirtschafteten Flächen umzusetzen. Die Bayerische Kulturlandstiftung ist in diesem Bereich sehr aktiv und kann eine ganze Reihe erfolgreicher Projekte vorzeigen.

Wenn auch künftig in Bayern noch regionale Lebensmittel erzeugt werden sollen, braucht es dringend wirksame Maßnahmen, um:

•    den Flächenverbrauch insgesamt zu reduzieren,

•    den Entzug land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen für Infrastrukturprojekte zu minimieren und

•    für Landwirte, die von Projekten betroffen sind, Ersatz-Nutzflächen anzustreben.

Die Politik ist in der Verantwortung, eine flächenschonende Entwicklung konkret und wirksam umzusetzen – sowohl mit den vorhandenen Möglichkeiten als auch mit gesetzlichen Änderungen, wo dies notwendig ist.

Weiterführende Links:
•    https://www.stmuv.bayern.de/themen/boden/flaechensparen/daten.htm
•    https://www.bayerischekulturlandstiftung.de/kompensation/
•    https://www.stmb.bayern.de/buw/staedtebaufoerderung/foerderschwerpunkte/flaechenschonen/index.php
•    Bisherige BBV-Positionen zum Flächenverbrauch/Flächensparen

Wenn der Boden "davonzuschwimmen" droht

Nach langanhaltender Trockenheit im vergangenen Jahr und entsprechend ausgedorrten Böden gab es heuer ab April wieder üppig Niederschläge. Das tut den Böden und dem Wasserhaushalt gut. Zum Teil war das Wasser von oben etwas zu üppig, was in den letzten Wochen vielerorts für die Landwirte einen regelrechten Krimi bedeutete: erste Grünlandernte, Gülle ausbringen, Pflegemaßnahmen in den Winterkulturen, Saatbettvorbereitung und Ansaat der Sommerkulturen (Mais, Soja, Sommergerste, Hafer…) – und das alles möglichst gleichzeitig in den schwer vorhersehbaren und kurzen Regenpausen. Wie befahrbar die Böden waren und sind ist natürlich regional sehr unterschiedlich. In der Praxis muss man in solchen Situationen jedenfalls die verschiedenen Notwendigkeiten gegeneinander abwägen und kann nicht immer auf die optimalen Bodenbedingungen warten, um aufs Feld zu fahren. Umso wichtiger ist es, dass der Boden möglichst resilient – also widerstandsfähig – ist, Niederschläge rasch nach unten ableitet und damit in relativ kurzer Zeit wieder befahrbar ist.

Die Neigung zu extremen Witterungsereignissen bleibt – da sind sich die Experten einig – als Effekt des fortschreitenden Klimawandels erhalten. Gerade auf Ackerflächen stellt dies die Landwirte vor große Herausforderungen, denn frisch bearbeiteter, unbedeckter Boden ist stark erosionsgefährdet und zu feuchter Boden ist besonders anfällig für Verdichtungen. Bei entsprechend extremen Regenereignissen können oft auch die etablierten Erosionsschutzmaßnahmen das Abschwemmen von wertvollem Oberboden nicht vollkommen verhindern. Das ist einerseits ein Problem für den Landwirt, dem es buchstäblich den Boden unter den Füßen wegzieht. Andererseits können aber auch tiefer liegende Straßen oder Siedlungen durch das Bodenmaterial verunreinigt und nicht zuletzt Flüsse und Seen mit Sediment und Nährstoffeinträgen belastet werden.

Die Lösung lässt sich beileibe nicht einfach aus dem Ärmel schütteln. Entscheidend ist, dass alle Betroffenen an einem Strang ziehen und gemeinsam nach machbaren Wegen suchen. Praxisnahe Forschung und kooperative Gemeinschaftsprojekte wie die Initiative „boden:ständig“ sind hierbei wichtig und wertvoll, um regional angepasste, wirksame und auch wirtschaftlich leistbare Maßnahmen zu entwickeln. Das Wissen der betroffenen Landwirte über regionale Gegebenheiten und Besonderheiten ist dafür unverzichtbar. Pauschale Verbote und Vorschriften würden dagegen mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.

Weiterführende Links:

 

Blick in den Boden - was lebt denn da?

Dass wir Menschen nur einen winzigen Bruchteil des Universums kennen ist sicherlich jedem bewusst. Ähnlich verhält es sich aber auch mit dem Boden unter unseren Füßen. Schon allein die rein mineralische Zusammensetzung unserer Erdkruste ist hoch komplex und bei weitem nicht gänzlich erforscht. Insbesondere alle im Boden lebenden Organismen werden noch Generationen von Wissenschaftlern beschäftigen. Denn dieses Bodenleben, das sogenannte Edaphon, weist eine Biodiversität auf, die ihresgleichen sucht. 

In einer einzigen Hand voll Boden leben schätzungsweise mehr Lebewesen, als es Menschen auf unserem Planeten gibt. Vermutlich ist das sogar untertrieben. Zahlreiche Organismen sind so klein, dass sie mit den gängigen wissenschaftlichen Methoden nicht von anderen Bodenbestandteilen isoliert werden können und bleiben so bislang unerforscht.

Abgesehen von den Pflanzenwurzeln, die nicht zum Edaphon gezählt werden, setzen sich die in Böden lebenden Organismen aus der Bodenmikroflora und der Bodenmikrofauna zusammen. Zur Bodenflora gehören überwiegend pflanzliche bzw. nicht tierische Organismen, wie Bakterien, Pilze und Algen. Sie werden auch als Bodenmikroorganismen zusammengefasst. Die Bodenfauna setzt sich hingegen aus Bodentieren zusammen. Vom tierischen Einzeller, über Gliederfüßer, Regenwürmer bis hin zu kleinen Wirbeltieren, ist alles dabei.

Während der Boden den Organismen einen Lebensraum bietet, halten die Organismen im Gegenzug eine Vielzahlt an bedeutenden Prozessen im Boden am Laufen. Durch unterschiedliche Wechselbeziehungen machen sie die Aufnahme, Speicherung, Umwandlung und Abgabe von Nährstoffen erst möglich. Gleichzeitig sorgen sie für den Auf- und Abbau von Humus oder für die Wasserspeicherung und -freisetzung. Ist das Bodenleben gestört, hat das Auswirkungen auf das gesamte System und damit auf lebenswichtige Bodenfunktionen. Es lohnt sich also, einen genaueren Blick darauf zu werfen, wer oder was unter der Bodenoberfläche lebt und wie es gelingen kann, diesen Lebensraum zu optimieren.

Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft stellt hier die unscheinbaren Helden des Bodens vor:

Der Ackerboden als bedeutender Produktionsfaktor für die Landwirtschaft: von den Anfängen bis heute

Zum „Boden des Jahres 2023“ hat das gleichnamige Kuratorium Ende letzten Jahres den Ackerboden ausgerufen. Und das zu Recht: Der Ackerboden ist für die Landwirtschaft seit jeher einer der wichtigsten Produktionsfaktoren und erfüllt darüber hinaus zahlreiche weitere Funktionen. Wir zeigen Ihnen hier fortlaufend, was der Ackerboden alles zu bieten hat!

Weitere Informationen erhalten Sie darüber hinaus unter: https://boden-des-jahres.de/

Erst mit dem Beginn von Ackerbau und Viehzucht vor rund 11.000 Jahren und dem damit verbundenen sesshaft Werden der Menschen wurde der Grundstein für die Entwicklung unserer modernen, leistungsfähigen und erfolgreichen Zivilisationen gesetzt. In den Anfängen galt es enorme Pionierleistungen zu erbringen, mussten die natürlichen Rohböden doch vielfach erst mühevoll durch Rodung, Be- oder Entwässerung, Lockerung u.ä. urbar gemacht werden – und das mit einfachsten technischen Möglichkeiten.

Von den Anfängen bis zur heutigen Leistungsfähigkeit war es noch ein weiter Weg, aber nach und nach konnte ein Landwirt immer mehr Menschen ernähren. Diese Menschen spezialisierten sich auf andere Tätigkeiten, ohne sich mit dem Anbau von Lebensmitteln zu beschäftigen. Diese Arbeitsteilung ist Grundlage für unsere heutige Kultur.

Heute versorgt ein Landwirt in Deutschland im Schnitt 140 Menschen mit Nahrungsmitteln, Energie und nachwachsenden Rohstoffen.

Nur noch rund zwei Prozent der Bevölkerung sind in der landwirtschaftlichen Urproduktion tätig. Das ist Fluch und Segen zugleich, da es einerseits unser modernes Leben mit all seinen Annehmlichkeiten ermöglicht aber andererseits zu einer erschreckenden Entfremdung vieler Bürgerinnen und Bürger von der Nahrungsmittelproduktion geführt hat.

Lebensmittelverschwendung und Geringschätzung landwirtschaftlicher Tätigkeiten sind symptomatisch für diese Entwicklung. Umso wichtiger ist es, die Bedeutung des Ackerbodens und der darauf produzierten Lebensmittel und Rohstoffe wieder mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken.