Staatsministerin Michaela Kaniber
© Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

Im Austausch mit Ministerin Kaniber zur Regierungserklärung

Anbindehaltung, Umweltprogramme, Tiertransporte und Pflanzenschutz

10.06.2021 | Die Regierungserklärung von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber sorgt weiter für Unruhe. Die Kreisbäuerinnen und Kreisobmänner sowie deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter haben sich nun am Montagabend zu einem digitalen Austausch mit der Ministerin getroffen.

„Nachdem die Regierungserklärung Unruhe ausgelöst hatte, habe ich umgehend Kontakt zu Ministerin Kaniber aufgenommen und den Wunsch nach einer Video-Aussprache mit dem Kreisehrenamt weitergegeben“, sagte Bauernpräsident Walter Heidl zu Beginn. „Es war und ist schmerzhaft, wenn Sie sagen: ‚Ein einfaches Weiter so kann es nicht geben.' Denn unsere Arbeit hat sich immer weiterentwickelt und wir arbeiten seit Generationen daran, sie weiter zu verbessern.“

Heidl kritisierte auch Kanibers Aussage, wonach Ihre Regierungserklärung den „Einstieg in den Ausstieg bei der Anbindehaltung“ einläute: „Wer einen schnellen Ausstieg will, befördert einen massiven Strukturwandel. Wir arbeiten deshalb seit Jahren an tragfähigen Konzepten und haben deshalb als BBV gemeinsam mit LKV, LfL, Molkereiverbänden und Ministerien die Kombinationshaltung entwickelt. Es ist schade, dass Sie diese in der Regierungserklärung nicht einmal erwähnt haben - ich habe es abends in der Rundschau des BR gemacht“, kritisierte Heidl. „Die Kombinationshaltung muss ein Weg sein und bleiben. Sie ist nicht nur eine Übergangslösung!“  Ministerin Kaniber entgegnete, dass die Staatsregierung bei der ganzjährigen Anbindehaltung nicht mit Verboten, sondern mit Angeboten arbeite. Sie habe kein Ausstiegsdatum genannt, sondern möchte die Milcherzeuger davor bewahren, dass sie eines Tages vor vollendeten Tatsachen stehen und dass die Molkereien Milch aus Anbindehaltung nicht mehr abnehmen. Sie sei hier immer im Interesse der Bäuerinnen und Bauern ehrlich und klar gewesen und wird dies auch bleiben.

Ministerin Kaniber machte deutlich: „Mein Ziel war, ist und bleibt, dass der bayerischen Landwirtschaft weiterhin möglichst gute Rahmenbedingungen zur Verfügung stehen. Damit das gelingt, müssen wir es schaffen, die Akzeptanz der Gesellschaft zurückzugewinnen. Denn Wertschöpfung braucht Wertschätzung. Ich habe mich bei meiner Regierungserklärung ausdrücklich auf die ganzjährige Anbindehaltung bezogen.“ Die bayerische Staatsregierung sei sich der Herausforderungen der Anbindehalter und des Struktureffekts bewusst – und kämpfe deshalb für die Berücksichtigung der Kombinationshaltung beim Konzept der Borchert-Kommission und die Einstufung in bessere Haltungsstufen beim Lebensmitteleinzelhandel.

„Doch der Markt ist in vielen Bereichen schneller als uns lieb ist. Unabhängig von der Politik schaffen Molkereien und Handel Fakten. Da kann ich nicht einfach zuschauen. Denn alle, die weitermachen wollen, sollen eine Lösung dafür finden. Und denen wollen wir  unsere volle Unterstützung geben“, sagte Kaniber. Sie halte die Kombinationshaltung weiterhin für einen guten Weg und unterstütze sie. „Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: Wer seine Zukunft langfristig in der Milchviehhaltung sieht, muss sich Gedanken machen über einen Laufhof, einen Laufstall oder Weidegang.“

Unter anderem BBV-Vizepräsident Günther Felßner, der schwäbische BBV-Präsident Alfred Enderle und der oberfränkische BBV-Präsident Hermann Greif forderten Vertrauensschutz und mehr Wertschätzung für Anbindehalter ein. „Wir brauchen Verlässlichkeit, sonst hilft alles Fördergeld nicht“, machte auch Klaus Siegelin, stellvertretender BBV-Kreisobmann in Kronach mit Blick auf die gesamte Tierhaltung deutlich. Der oberbayerische BBV-Präsident Ralf Huber kritisierte: "Wir Landwirte erfüllen bereits hohe Standards und sollen immer noch mehr machen. Und der Handel kann ohne jede Rücksicht Waren importieren. Das ist nicht in Ordnung!“ Die Ministerin stellte fest, dass es wohl keine andere Landesregierung gebe, die ihren Bauern so viel Unterstützung gewähre, wie die bayerische. Allerdings würden die Marktbedingungen nicht von der Politik geschaffen.

Um die Akzeptanz der Gesellschaft zu erhalten, seien aus Kanibers Sicht Zuchtviehtransporte in kritische Drittstaaten künftig nicht mehr tragbar. „Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das künftig nicht mehr nötig ist“, sagte Kaniber. Der Freistaat Bayern sei bereit, die dadurch entstehenden Verluste an anderer Stelle abzufedern. So solle beispielsweise die Vermarktung von Kalb- und Färsenfleisch noch stärker unterstützt werden. Mehrere Ehrenamtliche kritisierten, dass Kaniber zum Tag der Milch am 1. Juni auch um Offenheit für Alternativprodukte z.B. aus Hafer oder Lupinen geworben hat. Die Ministerin entgegnete: „Die Nachfrage nach solchen Produkten wächst und da ist es für mich entscheidend, dass die Produkte von bayerischen Höfen kommen, damit die Wertschöpfung in Bayern bleibt. Ich setze mich dafür ein, dass unsere Bauern vom veränderten Verbraucherverhalten  profitieren und nicht zu unbeteiligten Zaungästen werden.“

Zu möglichen Konflikten zwischen den neuen Öko-Auflagen in der EU-Agrarpolitik (Eco-Schemes) und den bayerischen Agrarumweltprogrammen sagte Kaniber: „Wir werden auch künftig dafür sorgen, dass breit wirksame Maßnahmen für die konventionellen Landwirte angeboten werden können. Darüber hinaus setze ich mich für einen Strukturzuschlag für kleine Flächen ein, sofern dieser nicht in die Ökoregelungen aufgenommen wird. Ausbauen werde ich auch die Maßnahmen zum Verzicht auf den Pflanzenschutz.“  Karlheinz Götz, BBV-Kreisobmann Donau-Ries, sagte: "Wir bewegen uns auf globalen Märkten, brauchen Ertrags- und Qualitätssicherheit. Ich wünsche mir mehr Fachlichkeit in der Diskussion um den nötigen Pflanzenschutz.“

Landesbäuerin Anneliese Göller machte in ihrem Schlusswort deutlich, wie wichtig die Aussprache war – auch wenn sie zum Teil emotional und kontrovers war. Am Ende müsse es um die Sache gehen und darum, die Bauernfamilien dabei zu unterstützen, dass sie regionale Lebensmittel und Produkte erzeugen und dafür die nötige Wertschöpfung erzielen können.