Ein Feldrand eines Maisfelds mit Sonnenblumen die runherum gesät sind.
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EU-Pläne „Naturschutz und Pflanzenschutz“: Gefährdung von Ernten und zusätzliche Stilllegung!

Beratungen über Gesetzpaket in Brüssel laufen seit Juni 2022 und gehen in „heiße“ Phase

17.05.2023 | Die EU-Kommission hat am 22. Juni 2022 das sog. Naturschutzpaket vorgestellt. Dieses Paket besteht aus zwei Gesetzesvorschlägen, die für die Land- und Forstwirtschaft in der EU verbindlich gelten würden. Zum einen geht es um „Sustainable Use Regulation (SUR)“ zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Zum anderen geht es um Naturwiederherstellungsziele (Nature Restoration Law – NRL).

Bei SUR schlägt die EU-Kommission vor allem vor:

•    Pauschale Reduktion von PSM-Einsatz um 50% bis 2030 in Europa.
•    Komplett-Verbot von Pflanzenschutzmitteln in empfindlichen Gebieten.
•    Zusätzliche bürokratische Auflagen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.

Bei NRL geht es um das Ziel, die Natur wieder in ihren ursprünglichen Zustand – quasi wie vor bis zu 70 Jahren – herzustellen. Dies geht deutlich über den bisher praktizierten „reinen Naturschutz“ hinaus, wenn auch hier schon deutliche Erfolge erzielt werden konnten und werden, zum Beispiel über den kooperativen Naturschutz. Die Mitgliedsstaaten müssten nach den Plänen der EU-Kommission künftig für die jeweiligen Bereiche u.a. Flüsse, Wälder und Agrarlandschaft Wiederherstellungspläne erstellen und in Brüssel genehmigen lassen.

Was steht bei SUR auf dem Spiel?
Die Pläne der EU-Kommission sehen eine Flächenkulisse aus ökologisch empfindlichen Gebieten wie zum Beispiel

•    Natura 2000-Gebiete (Vogelschutz- und FFH-Gebiete)
•    nationale Schutzgebiete (Nationalparke, Nationales Naturmonument, Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete)
•    Trinkwasserschutzgebiete nach Trinkwasserrichtlinie bzw. Wasserrahmenrichtlinie
vor.

Allein diese Gebiete machen in Bayern eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 818.568 ha aus. Fläche, die nicht mehr mit Pflanzenschutzmitteln, weder biologisch noch konventionell, behandelt werden darf. Dies betrifft mehr als jeden 4. Hektar landwirtschaftliche Fläche in Bayern.

Was steht bei NRL auf dem Spiel?
Für die bayerische Landwirtschaft haben diese Pläne enorme Auswirkungen. Es ist irrsinnig, dass mit den EU-Plänen ein Zustand wie vor rund 70 Jahren erreicht werden soll. Die EU-Kommission schlägt dafür zum Beispiel vor:

•    Landwirtschaftsflächen: 10 % Landschaftselemente als Zielsetzung.
•    Moore: fixe Vorgaben zur Vernässung und zum Schutz.
•    Wälder: Vorgaben für Totholz stehend und liegend.
•    Flüsse: Wiederherstellung von Flussläufen.
•    Acker- und Grünland: Pauschale Zielsetzung für mehr Schmetterlinge und Agrarlandvögel.

Einordnung und Positionen des Bauernverbandes zu SUR:
Pflanzenschutzmittel sind ein wichtiger Teil des Risikomanagements sowohl im Bezug auf Ertragssicherung als auch Qualitätssicherung im Pflanzenbau. Sollte dieser in einigen Gebieten wie z.B. dem hochertragreichen Ochsenfurter Gäu, der ein Vogelschutzgebiet ist, nicht mehr möglich sein, werden Kulturen wie u.a. die Zuckerrübe und auch andere Ackerkulturen dort verschwinden. Folge wäre ein massiver Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion. Darüber hinaus gefährdet der Vorschlag Programme der 1. und 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik, die bereits die Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln zum Ziel hat. Dies gilt auch für den Ökolandbau.

Forderungen:

•    Die vom Agrarrat beschlossene Folgenabschätzung muss endlich auf den Tisch.
•    Keine Komplett-Verbote für Pflanzenschutzmittel in jeglicher Gebietskulisse.
•    Praxistauglicher Reduktionspfad mit realistischem Zeitrahmen.
•    Förderung der Forschung und Anwendung für verlässliche Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz.
•    Einfache Anwendung von Pflanzenschutz muss weiter sichergestellt werden.


Einordnung und Positionen des Bauernverbandes zu NRL:
Durch die Vorgaben von fixen, europäischen Zielwerten, die durch die Mitgliedsstaaten erfüllt werden müssen, ist das Prinzip „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht“ hinfällig und die Förderfähigkeit gefährdet. Zudem werden laufende Agrarumweltprogramme unterlaufen und deren Wirksamkeit nachhaltig gefährdet. Den Faktor des Eigentums lassen die Kommissionsvorschläge völlig außen vor und damit auch die Akzeptanz der Flächenbewirtschafter für Maßnahmen auf der Fläche.

Forderungen:

•    Vorab muss es eine umfassende Folgenabschätzung geben.
•    Vorrang Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht
•    Bestehende kooperative Maßnahmen dürfen nicht zu gefährdet werden.
•    Bewirtschaftung von Flächen weiter ermöglichen anstatt zusätzliche Stilllegung von Ackerland, Dauergrünland oder Wald.

Beratungen in Brüssel
Im EU-Parlament gibt es seitens der konservativen und in Teilen bei den liberalen Europa-abgeordneten massiven Widerstand gegen die EU-Kommissionsvorschläge. Gerade die EVP-Fraktion unterstützt geschlossen die Kritik des Bauernverbandes.

Entscheidend bleibt bei diesen Beratungen, dass es tiefgreifende und substanzielle Korrekturen gibt. Die Europaabgeordneten und auch der EU-Rat dürfen sich hier nicht auf einen faulen Kompromiss bei diesem vorgeschlagenen Naturschutzpaket aus zwei Bestandteilen einlassen.