Rückblick: Bio-Bayern-Tour 2023 - Wie geht es weiter mit Öko in Bayern?
Nach einem jahrzehntelangen kontinuierlichen Wachstum verzeichnet der Absatz von Bio-Lebensmitteln und Getränken seit 2022 erstmals einen Rückgang. Zwar kaufen die Verbraucherinnen und Verbraucher immer noch mehr Bio-Produkte als vor dem Absatzboom während der Corona-Zeit. Dennoch ist jedes Umsatz-Minus schmerzhaft, insbesondere für die stärker betroffenen Bio-Markenhersteller, den Naturkostfachhandel und Bio-Direktvermarkter.
Finale der Bio-Bayern-Tour 2023 in Oberbayern: Ein Einblick in die Welt der Ökolandwirtschaft!
Die letzte Etappe der Bio-Bayern-Tour führte uns zum Altmühltaler Kernstodl der Familie Hiermeier. Markus und Niklas Hiermeier gaben den Interessierten einen spannenden Einblick in ihren Bio-Betrieb. Vom Anbau bis zur Ernte - beeindruckend zu sehen, wie hier nachhaltig gewirtschaftet wird!

In der Weiterverarbeitung wurde deutlich, wie viel Liebe und Sorgfalt in jedem Schritt steckt. Danke an die Familie Hiermeier für die köstlichen Einblicke in ihre Hofküche und den Hofladen!


Auch die Herausforderungen der Ökolandwirtschaft wurden nicht ausgeblendet. Von hohen Energiekosten bis hin zu Schwierigkeiten in der Vermarktung und dem Preisdruck im Lebensmitteleinzelhandel - es ist wichtig, diese Themen anzusprechen. "Billig-Bio, das über weite Strecken her transportiert wird, macht nur wenig Sinn", betont Markus Hiermeier. Eine klare Botschaft für bewussten Konsum! „Für uns kommt es darauf an, den Ökobetrieben und denen, die es werden wollen, eine positive Zukunftsperspektive mit der nötigen Wertschöpfung zu bieten“, so der Oberbayerische Bezirkspräsident Ralf Huber. Bio-regionale Lebensmittel sollten nicht nur im Lebensmitteleinzelhandel, sondern auch in der Gemeinschaftsverpflegung - also in Mensen, Kantinen usw. - ihren Platz finden, fordert er.

Bio-Bayern-Tour macht Station im mittelfränkischen Puschendorf
In Mittelfranken lud der BBV auf den Zacherhof der Familie Weghorn in Puschendorf (Landkreis Fürth) ein.
Der Betrieb Zacherhof hat sich auf die Erzeugung von Bio-Rindfleisch spezialisiert. Von der Aufzucht der Rinder bis zur Vermarktung des Rindfleisches findet alles direkt auf dem Hof im Landkreis Fürth statt. Die Mutterkühe der Rasse Deutsch Angus werden nach den Richtlinien des Anbauverbandes Bioland mit Weidezugang gehalten. In den Herbst-/Wintermonaten wird im Hofladen alle zwei Wochen frisches Rindfleisch angeboten. In den Sommermonaten öffnet der Hofladen alle vier Wochen mit frischem Fleisch im Angebot.
Seit die Lebenshaltungskosten wegen des Ukraine-Krieges deutlich gestiegen sind, ist der Absatzrückgang auch bei Familie Weghorn spürbar. „Zum Glück haben wir überwiegend treue Stammkunden, die uns auch in Krisenzeiten unterstützen, sodass wir unsere Rinder weiterhin vollständig direkt ab Hof vermarkten können“, so Gerald Weghorn. Auffällig ist, dass die Kunden zwar weiterhin bewusst Rindfleisch aus der Region einkaufen, aber geringere Mengen nachfragen. Der Familie Weghorn sind allerdings auch Berufskollegen bekannt, die mit ihrem Hofladen mehr mit den Absatzeinbußen zu kämpfen haben.
Familie Weghorn setzt sich für die Weiterentwicklung des Ökolandbaus ein. Deswegen möchten sie Landwirte, die sich für eine Umstellung ihres Betriebes zur ökologischen Wirtschaftsweise interessieren, unterstützten. Dafür engagieren sie sich im Rahmen des bayernweiten BioRegio-Betriebsnetzes und bieten interessierten Betrieben in Gesprächen und Betriebsbesichtigungen Einblicke in ihre Erfahrungen als langjährig ökologisch wirtschaftender Betrieb an.
Link zum TV-Beitrag: https://www.frankenfernsehen.tv/mediathek/video/nachfrage-erstmalig-gesunken-ist-die-bio-landwirtschaft-in-der-krise/.
Hier noch der Link zum Radio-Beitrag: https://www.gong971.de/funkhaus-nachrichten/2867-bio-bauern-sind-besorgt.

Der BBV und dessen Landesfachausschuss für Ökologischen Landbau steht allen Landwirtsfamilien, die ihren Betrieb auf ökologische Wirtschaftsweise umstellen möchten, unterstützend zur Seite. Dennoch sieht er ein pauschales Ausbauziel, wie es sich die Bayerische Landesregierung zum Ziel gesetzt hat, kritisch. „Beim Ausbau des Ökolandbaus in Bayern setzen wir uns dafür ein, dass dieser Hand in Hand mit den Märkten entwickelt wird“, erklärt Peter Köninger, Präsident des Bezirksverbandes Mittelfranken. „Für uns kommt es darauf an, dass er den Ökobetrieben und denen, die es werden wollen, eine positive Zukunftsperspektive mit der nötigen Wertschöpfung bietet.“ Christine Reitelshöfer, Bezirksbäuerin Mittelfranken, ergänzt: „Allein die politische Zielsetzung, dass im Jahr 2030 30% der landwirtschaftlichen Flächen in Bayern ökologisch bewirtschaftet werden, helfe den umstellungsinteressierten Landwirten nicht, wenn sich die Absatzmärkte nicht in vergleichbaren Maß entwickeln.“
Mit der Bio-Bayern-Tour möchte der BBV die Vielfalt der heimischen Bio-Betriebe aufzeigen und die Verbraucher dazu ermuntern, bei jedem Einkauf auf die Herkunft der Lebensmittel zu achten. Denn hinter jedem regionalen Produkt stehen Menschen und Betriebe, die es erzeugt und verarbeitet haben. Diese Arbeit der Bio-Betriebe darf nicht durch die Jagd nach dem günstigsten Preis überlagert werden.

Bio-Bayern-Tour im oberpfälzischen Nittenau

Biokönigin Raphaela und die Besucher der zweiten Station der diesjährigen Bio-Bayern-Tour in der Oberpfalz. Bild: Lorenz Märtel
Bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und angenehmen Temperaturen gaben Florian und Ina Doll beeindruckende Einblicke in ihren Arbeitsalltag am Haflingerhof in Harthöfl. Neben dem BBV Ehrenamt, vertreten durch Bezirksbäuerin Rita Götz, Bezirkspräsident Ely Eibisch, Kreisbäuerin Sabine Schindler und Richard Götz, Mitglied im BBV Landesfachausschuss für Ökolandbau, waren Landtagskandidat:innen von CSU, SPD, FW, Bündnis90/die Grünen und FDP eingeladen. Zehn Kandidat:innen der Parteien nutzten die Gelegenheit um sich über die aktuelle Situation der Bayerischen Biobetriebe zu informieren.

Von links nach recht: Florian und Ina Doll mit Bezirkspräsident Ely Eibisch, Biokönigin Raphaela und Bezirksbäuerin Rita Götz im Ferkelstall des Haflingerhofes Doll
Auch bei der zweiten Betriebsbesichtigung im Rahmen der Bio-Bayern-Tour 2023 standen die großen Herausforderungen, vor der die Bio Branche aktuell steht, im Mittelpunkt:
Herausforderung I: Sinkender Absatz von Bioprodukten bei staatlicher Vorgabe von 30 Prozent Öko-Flächenanteil
Nach jahrzehntelanger Steigerung begann im ersten Quartal 2022 der Umsatz im Biobereich erstmals zu schrumpfen. Dieser Trend setzt sich bis heute fort. Gleichzeitig verlagert sich der Hauptumsatz von Bioprodukten immer mehr in den Lebensmitteleinzelhandel und die Discounter. Gerade Bio-, Hof- und Naturkostläden leiden besonders stark unter dieser Entwicklung. Dies spürt auch Familie Doll in ihrem Hofladen ganz deutlich. Hinzu kommt, dass die Erzeugungskosten im Biobereich ansteigen, die Erzeugerpreise jedoch nicht mithalten können - auch aufgrund der zurückgehenden Nachfrage. Ein Mehr an Bioerzeugnissen könnte den Preisdruck auf bestehende Bio-Betriebe verschärfen, so die Befürchtung.
Herausforderung II: Extremwetter durch Klimawandel
Bedingt durch den Klimawandel nehmen die Extremwetterereignisse rasant zu: von Starkregenfällen und Hagel bis hin zu Rekordhitze und Dürre beeinflusst der Klimawandel die landwirtschaftliche Produktion massiv. Betroffen davon ist die ökologische Landwirtschaft genauso wie die konventionelle. Neben den direkten Effekten des Klimawandels, wie Niederschläge, Dürren und Dauerfrost, verschärfen auch indirekte Effekte, wie die Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten, Bodenerosion und ein gestiegenes Risiko für Ernteausfälle die Situation unserer Landwirt:innen.
Herausforderung III: Bürokratie
Düngeverordnung, die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und vieles mehr: Die Tätigkeiten im Agrarbüro werden nicht nur digitaler sondern auch immer komplexer und arbeitsintensiver. Die Bewältigung der Aufzeichnungspflichten erfordert viel Zeit und Know-How. So müssen Landwirt:innen in Bayern beispielsweise im Zuge der Mehrfachantragsstellung gewisse Dokumentationen digital über die FAL-BY App übermitteln. Die App wurde dieses Jahr erstmals extra dafür vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bereitgestellt. „Das ist eine Form der Selbstkontrolle,“ beschreibt Florian Doll diese Vorgehensweise und schüttelt dabei den Kopf. Ca. 4,5h pro Woche verbringt Florian Doll mit Dokumentationsarbeiten. Einiges davon könnte er sich sparen, müsste er nicht z.B. Tiere bis zu dreimal in verschiedenen Datenbanken dokumentieren, weil die Datenbanken sich nicht untereinander austauschen (dürfen).
Auftakt der Bio-Bayern-Tour mit den oberfränkischen Direktkandidaten für den Bayerischen Landtag

Die Vertreter des BBV und die Gäste der Bio-Bayern-Tour 2023 auf dem Rundgang durch den Milchviehstall des Betriebs Grampp in Unterkodach.
Wie bereits im vergangenen Jahr fand der Auftakt der Bio-Bayern-Tour auch heuer im nördlichsten Regierungsbezirk unseres Freistaates statt. Genauer gesagt auf dem Bio-Milchvieh-Betrieb von Kerstin und Hermann Grampp in Unterkodach bei Kulmbach. Mit auf der Gästeliste standen bei diesem Termin die oberfränkischen Direkt-Kandidaten zur Landtagswahl. Ziel der Bio-Bayern-Tour ist es, auf die Vielfalt der bayerischen Ökobetriebe hinzuweisen und den zukünftigen Entscheidungsträgern die Herausforderungen in der Landwirtschaft – im Speziellen der Biobetriebe - näher zu bringen.
Auch wenn nach wie vor die Zahl der Biobetriebe und damit auch die ökologisch bewirtschaftete Fläche am Steigen ist, so kann die in den kommenden Jahren anstehende Weidepflicht für Rinder auch diesen Trend schnell umkehren. Landwirt Hermann und seine Frau Kerstin Grampp kommen vor den Besuchern schnell auf dem Punkt: „Ein großer Teil der biologisch wirtschaftenden Milchviehbetriebe wird dann aussteigen“, sind sich beide einig. Hintergrund ist, dass die Flächen im kleinstrukturierten Franken für die verpflichtende Weidehaltung meist gar nicht vorhanden sind. Und wenn, dann alles andere als in Stallnähe. Auch die Trockenheit im Sommer lässt auf den fränkischen Weiden kein Futter wachsen, sodass eine Fütterung im Stall zwingend notwendig ist.

Auf dem Futtertisch erfahren die Teilnehmer mehr über den Ökobetrieb.
30 Prozent Bio - aber wie?
Dass die Politik dabei auf Biegen und Brechen an dem erklärten Ziel „30 Prozent Bio bis 2030“ festhält, ist wie ein Schlag ins Gesicht für die bisherigen Biobetriebe. Laut BBV-Präsident Hermann Greif „kämpfen unsere Biobetriebe momentan mit Absatzproblemen und das bei gestiegenen Kosten“. „Mehr Bioware würde die Situation nur weiter verschärfen“, pflichtet ihm Bezirksbäuerin Beate Opel bei. Um die Märkte für Bio aus Bayern“ auszubauen, ist es dringend erforderlich, gerade auch die Herkunft von Bio-Lebensmitteln mehr in den Fokus zu rücken und für die Verbraucher noch besser erkennbar zu machen. Bio-Regionalität ist ein wichtiger Pfeiler für stabile Betriebe und eine funktionierende Vermarktung.
Laut dem Ökobeauftragten des BBV Oberfranken, Torsten Gunselmann, ist es dabei ebenso wichtig „auch die Einfuhr günstiger Exportware – mit teilweise bedenklichen Qualitäten und Rückstandswerten – zu bremsen“. „Das Bayerische Biosiegel ist dafür ein wichtiges Qualitäts- und Herkunftskennzeichen. Es vereint die beiden Vorteile und ist ein klares Signal für unsere heimischen Biobetriebe“, so Gunselmann.

Larissa Grampp, die Tochter des Betriebsleiterehepaars steht den Besucherinnen am Melkroboter Rede und Antwort.