Gewässerrandstreifen in Bayern
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Bauernverband lehnt kritische Kerninhalte des Agrarpakets ab

Über Beratungen der Bundesländer und dann im Bundestag braucht es Korrekturen

11.09.2019 | Der Bauernverband kritisiert das vorgestellte Agrarpaket stark. Eine weitere Umschichtung von Direktzahlungen sowie zusätzliche Einschränkungen bei Pflanzenschutz und Düngeverordnung darf es nicht geben. Statt einem freiwilligen Tierwohllabel muss es eine verpflichtende Kennzeichnung geben - auch für Importe!

Letzte Woche hat das Bundeskabinett kurzfristig ein Agrarpaket mit Beratungsentwürfen für eine höhere Umschichtung bei den Direktzahlungen, für ein Insektenschutzschutzprogramm und für ein freiwilliges staatliches Tierwohllabel verabschiedet. Massive Kritik hat der Bauernverband sofort öffentlich geäußert und an die Medien gegeben: Ablehnung der Knackpunkte für die Landwirtschaftsbetriebe in den drei Paketbestandteilen. Bereits in den Wochen davor haben Präsident Heidl und DBV-Präsident Rukwied bei den einzelnen Diskussionsthemen klare Forderungen für Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit an Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner gestellt und Bundesministerin Schulze attackiert, praxisfremde Überlegungen ihres Ministeriums gegenüber der Landwirtschaft einzufangen.

Nun stehen die parlamentarischen Beratungen zu den drei einzelnen Beratungsthemen in den nächsten Wochen und Monaten an. Die Bundesländer befassen sich damit und die Bundestagsabgeordneten haben dann auch umfassend Gelegenheit, Änderungen an den Inhalten auf den Weg zu bringen. Das bedeutet, dass hier die Bayerische Staatsregierung sowie die beiden Regierungsfraktionen des Bayerischen Landtags – Freie Wähler und CSU – zum Beispiel über Anträge auf die Bundesratsberatungen Einfluss nehmen können. Für uns als Bayerischer Bauernverband muss der Einsatz der Staatsregierung für Korrekturen gesetzt sein. Aufgefordert dazu hat der Verband bereits und lässt hier auch nicht locker. Zugleich sind in den nächsten Wochen wiederholte Kontakte der Kreisverbände mit den regionalen Bundestagsabgeordneten – vor allem der in Berlin mitregierenden CSU – entscheidend, um die kritische Haltung von vielen Mitgliedern der Unionsfraktion zu den Knackpunkten des Agrarpakets zu bestärken, damit sie Änderungsanträge bei den Bundestagsberatungen einbringen.

Vor dem Hintergrund unterstützt der Bayerische Bauernverband auch die Aktion der Landwirte „Grüne Kreuze“ als Mahnaktion.

 

Die wichtigsten Kritikpunkte:

  • Ablehnung einer zusätzlichen Umschichtung von Direktzahlungen, wo die Bundesregierung die seit 2015 bestehende Umschichtung von 4,5 auf 6 % ab 2020 erhöhen will. Noch im Frühjahr 2019 haben Bundesministerin Klöckner und die Länderagrarminister ein Festhalten an den 4,5 % als Ergebnis ihrer Agrarministerkonferenz vereinbart. Nur sechs Bundesländer haben in einer Protokollnotiz erklärt, dass sie auch für 6 % wären
     
  • Ablehnung der Vorschläge für zusätzliche, gesetzliche Einschränkungen vor allem bei Pflanzenschutz und Düngung sowie eine überzogene bundesgesetzliche Regelung zu Gewässerrandstreifen beim Entwurf von Bundesumweltministerin Schulze für ein Aktionsprogramm Insektenschutz; der Bauernverband fordert den Vorrang von Freiwilligkeit sowie die Sicherstellung von praxistauglichem Pflanzenschutz und Düngung
     
  • Ablehnung der Vorschläge für eine freiwillige Tierwohlkennzeichnung (Tierwohllabel): statt der wirkungslosen Freiwilligkeit, wie Bundesministerin Klöckner sie vorhat, braucht es eine verpflichtende Kennzeichnung (inklusive Kennzeichnung von Importware unterhalb deutscher Standards)

 

Details zum Inhalt des „Agrarpakets“

Gesetzentwurf „Staatliches, freiwilliges Tierwohllabel“

Im Kabinett wurde nun der Gesetzentwurf beschlossen, der anschließend im Bundesrat und Bundestag beraten werden muss. Im Kern sieht der Vorschlag eine freiwillige Tierwohlkennzeichnung vor. Kritik von mehreren Seiten – insbesondere seit Monaten vom Bauernverband – sind die zu erwartende Wirkungslosigkeit für einen Mehrwert, der sich in den Erzeugerpreisen niederschlägt, und zum Beispiel, dass nicht berücksichtigt wurde, Importware mit niedrigeren Erzeugungsstandards zu kennzeichnen. Der Bauernverband fordert die Politik weiter auf, die bewährte Initiative Tierwohl nicht zu gefährden.

 

Gesetzentwurf „Direktzahlungen-Durchführungsgesetz“: zusätzliche Umschichtung bei den Direktzahlungen

Mit der Änderung des Direktzahlungen-Durchführungsgesetzes soll für das Antragsjahr 2020 die Umschichtung von der ersten in die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 4,5 auf 6 % erhöht werden. Die so zusätzlich gekürzten Gelder – etwa 75 Millionen bundesweit – würden dann im Jahr 2021 den Bundesländern für Investitionsförderung, Ökolandbau, Agrarumweltprogramme (KULAP, VNP) usw. zur Verfügung stehen. Bei der Agrarministerkonferenz im April 2019 haben Bundesministerin Klöckner, Staatsministerin Kaniber und alle anderen Länderagrarminister zugesichert, dass es bei den bisherigen 4,5 % Umschichtung bleibt. Denn beim deutschen Beschluss zur Umsetzung der GAP 2014 bis 2020 war das Bestandteil der Einigung von Bund und Länder. Der Bauernverband fordert: Politik muss verlässlich sein.

 

Aktionsprogramm Insektenschutz mit Vorschlägen für Maßnahmen

Den dritten Teil des Maßnahmenbündels „Agrarpaket“ stellt das Aktionsprogramm Insektenschutz dar, das vom Bundesumweltministerium (BMU) entwickelt wurde. Im knapp siebzigseitigen Entwurf beschreibt das BMU die Gründe für den Insektenschwund als vielfältig. Das BMU kommt aber dieser Erkenntnis bei den vorgeschlagenen Ansatzpunkten für Lösungen nur unausgewogen nach. Auch wenn Bereiche wie Siedlungsentwicklung, Lichtverschmutzung, Gärten und Verkehrsflächen Inhalt sind, so sind dort weniger verbindliche Maßnahmen vorgeschlagen. Dagegen stehen zur Landwirtschaft Vorschläge für zusätzliche Einschränkungen gerade bei Pflanzenschutz und Düngung im Raum. Über die nun vom Bundeskabinett verabschiedeten Vorschläge stehen nun Beratungen mit den Bundesländern und auch mit den Bundestagsabgeordneten an, da es am Ende neue gesetzliche Initiativen geht, die das übliche parlamentarische Verfahren später auch noch vor sich haben.

In den Vorschlägen des Aktionsprogramms Insektenschutz enthalten sind, vor allem:

  • Der Vorschlag zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in naturschutzfachlichen Schutzgebieten soll insbesondere Herbizide und biodiversitätsschädigende Insekti-zide in Vogelschutzgebieten beschränken, die Bedeutung für den Insektenschutz haben. Es wird auch eine Ausnahmeregelung vorgeschlagen.
  • Die Aufnahme von Streuobst und artenreichem Grünland in die Liste der geschützten Biotope (Bundesnaturschutzgesetz) wird vorgeschlagen. In Bayern haben wir das infolge der Umsetzung des Volksbegehrens „Artenvielfalt“ seit August 2019 im Bayerischen Naturschutzgesetz, so dass die normale weitere Bewirtschaftung zulässig ist.

Nicht bei Vorschlägen des Aktionsprogramms vorgesehen sind:

  • Vorfestlegungen zur Ausgestaltung der GAP nach 2020, zum Beispiel zum Mindestanteil von Brache in jedem Betrieb (unproduktive Flächen).
  • zusätzlich Punkte zur ohnehin überzogenen Diskussion bei der Düngeverordnung.

Vor dem Hintergrund des Themas „Pflanzenschutz“ ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig aus letzter Woche zu beachten, das die Rechtsauffassung bestätigt, dass die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nicht mit einer Biodiversitätsauflage, also einer faktischen Flächenstilllegung (zum Beispiel so genannte Refugialflächen, wie sie das BMU im Aktionsprogramm vorschlägt) verknüpft werden darf.