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Fahne der Europäischen Union in Brüssel
© Grecaud Paul - fotolia.com

Vorschläge der EU-Kommission: Schlag ins Gesicht für Landwirte

Erste Einordnung des BBV zu den Vorschlägen der EU-Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen und zur EU-Agrarpolitik von 2028 bis 2034

17.07.2025 | Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am 16. Juli 2025 die Vorschläge zur Struktur des mehrjährigen EU-Finanzrahmens (MFR) 2028 bis 2034 in einer Pressekonferenz vorgestellt. Anschließend hat EU-Agrarkommissar Christophe Hansen seine Pläne zur grundsätzlichen Gestaltung der künftigen EU-Agrarpolitik (GAP) 2028 bis 2034 in Brüssel erläutert. „Die Vorschläge der EU-Kommission sind für die Landwirte ein Schlag ins Gesicht. Mit solchen unpassenden Plänen würde die EU-Kommission die Axt an die Gemeinsame Agrarpolitik als zentrales Stabilitätselement der EU anlegen“, sagt Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes.

Die Vorschläge von Kommissionspräsidentin von der Leyen würden die bewährte Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik mit erster und zweiter Säule zunichte machen. „Mit diesen Planungen für den EU-Finanzrahmen ab 2028 setzt Ursula von der Leyen die Abrissbirne bei der Gemeinsamen Agrarpolitik aller 27 Mitgliedstaaten an. Zudem gefährdet sie damit auch den zentralen Stabilitätsanker für die ländlichen Regionen in Europa und für die Ernäh-rungssicherung von 450 Millionen Europäer.“

Wie geht’s weiter?
Die Beratungen zu den Kommissionsvorschlägen bei MFR und GAP werden über viele Monate wahrscheinlich bis Anfang des Jahres 2027 laufen. Das Europaparlament muss dem künftigen EU-Finanzrahmen und der künftigen Gestaltung der GAP zustimmen. Die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedstaaten werden final über den Haushalt der EU entscheiden, da die Masse der Mittel von ihnen kommt. Dementsprechend werden Bayerischer Bauernverband (BBV), Deutscher Bauernverband (DBV) und der Europäische Bauernverband (COPA) sich intensiv für tief greifene Korrekturen einsetzen.

Die Forderung des Bauernverbandes nach einem stärkeren, höheren Agrarbudget bleibt bestehen. Denn Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den gesamten EU-Haushalt von rund einer auf zwei Billionen Euro verdoppeln. Umso weniger passt dazu ihr Vorschlag für Kürzungen zu Lasten der Bauernfamilien. Auch die geplante Reform der zwei-ten Säule der GAP, die in Bayern zum Beispiel für die Agrarumweltmaßnahmen, für die Förderung des Ökolandbaus und für benachteiligte Gebiete sehr wichtig ist, darf nicht so stehen bleiben.


Online-Infoangebote für BBV-Mitglieder

Für Mitglieder und Ehrenamtliche des Bayerischen Bauernverbandes wird das Generalsekretariat – Fachbereich „Agrar- und Umweltpolitik“ – ab 24. Juli 2025 einige Online-Infoangebote zu den Vorschlägen der EU-Kommission zu MFR und GAP von 2028 bis 2034 über das BBV Bildungswerk anbieten. Hinweise dazu gibt es zu Beginn der kommenden Woche über die verschiedene BBV-Kanäle. 

 

Das Wichtigste im Überblick

  • Aktuell liegen Vorschläge der EU-Kommission zu MFR und GAP 2028 bis 2034 auf dem Tisch und werden über viele Monate bis mindestens Anfang 2027 beraten.
  • Es stehen sehr intensive politische Beratungen unter Beteiligung des Europaparlaments und der neuen Bundesregierung über den Europäischen Rat an. 
  • Über den Finanzrahmen entscheiden final die Staats- und Regierungschefs, sprich auch Kanzler Friedrich Merz. Die Vorschläge von Kommissionspräsidentin Von der Leyen zielen auf mehr Macht für die EU-Kommission ab. Den von den EU-Bürgern direkt gewählten Europaabgeordneten würde Entscheidungskompetenz genommen werden.
  • Der Bauernverband kritisiert die Vorschläge massiv und fordert von der Politik – gerade vom Europaparlament und vom Rat, die Kommissionsvorschläge grundlegend zu korrigieren. Bei diesen Vorschlägen ist die Notbremse zu ziehen.

Was plant die EU-Kommission?

Nach den bisher verfügbaren Informationen sehen die Vorschläge der EU-Kommission zu MFR und GAP von 2028 bis 2034 folgende grundsätzliche Punkte vor. Detaillierte Inhalte liegen noch nicht vor:

  • Kommissionspräsidentin von der Leyen will künftig rund 2 Billionen für 7 Jahre EU-Haushalt gegenüber 1,1 Billionen Euro 2021 bis 2027 vorsehen.
  • Für Landwirtschaft und Fischerei soll es rund 300 Mrd. Euro für 7 Jahre gesamt geben, was mindestens rund 20 % weniger fürs GAP-Budget und somit erhebliche Kürzungen bedeuten könnte. 
  • Abkehr von zwei eigenständigen GAP-Fonds für Direktzahlungen und für die 
    2. Säule sowie Abkehr von der 2-Säulenstruktur der GAP.
  • Die Umsetzung der GAP auf nationaler Ebene soll jeweils in einem großen Gesamtplan je Mitgliedstaat zur Nutzung des EU-Finanz-Fonds dargestellt werden. „Das heißt: die EU-Agrarpolitik soll in jedem Mitgliedstaat in einen großen Topf geworfen werden und die jeweilige Regierung des einzelnen Mitgliedstaates entscheidet, ob künftig die Landwirtschaft noch ein Förderschwerpunkt über EU-Haushaltsmittel sein soll.“
  • Das würde das Aus für eine echte Gemeinsame Agrarpolitik aller 27 Mitgliedstaaten bedeuten und zu mehr Wettbewerbsverzerrungen führen.
  • Alle Betriebe würden erhebliche Kürzungen gerade bei den Direktzahlungen erfahren.
  • Die GAP-Zahlungen insgesamt und die Direktzahlungen sollen künftig nur an aktive Betriebsinhaber gezahlt werden. Damit könnten Betriebe als Nebenerwerbsbetriebe, Sonderkulturbetriebe und diversifizierte Betriebe (z.B. Landurlaub, Direktvermarktung, Erneuerbare Energien) von den GAP-Zahlungen komplett ausgeschlossen werden.
  • Landwirte im nationalen Rentenalter sollen ab 2032 keine GAP-Direktzahlungen oder sogar GAP-Zahlungen mehr erhalten.
  • Einführung von Degression und Kappung bei den Direktzahlungen (Basisprämie):
    - bis 20.000 Euro: 100 Prozent der Direktzahlungen 
    - ab 20.000 Euro bis 50.000 Euro: minus 25 Prozent 
    - ab 50.000 bis 75.000 Euro: minus 50 Prozent 
    - ab 75.000 bis 100.000 Euro: minus 75 Prozent 
    - ab 100.000 Euro: Kappung.
    Die Degressionsgrenze würde aktuell bei Betrieben ab rund 133 Hektar greifen, wenn man rund 150 Euro/ha reine Basisprämie unterstellt.
  • Junglandwirte/-innen: Für "Starter / Neugründer" soll bei Vorhandensein eines zukunftsfähigen Betriebsentwicklungskonzepts ein Zuschuss von bis zu 300.000 Euro möglich sein. Zudem wäre eine Unterstützung auch über verbesserte Förderung bei der Investitionsförderung möglich.
  • Fördermaßnahmen mit den Zielen „Biodiversität, Kohlenstoffanreicherung, Bodenschutz usw.“ sollen ausgebaut werden.
  • Das einzelbetriebliche und gemeinschaftliche Risikomanagement soll ausgebaut werden.

Zum Hintergrund

Die Landwirtschaft in der EU wird bisher über zwei Fonds unterstützt: Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) bzw. erste Säule der GAP und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) bzw. zweite Säule der GAP. Über die erste Säule der GAP werden die Direktzahlungen zu 100 Prozent von der EU finanziert, die nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ die Leistungen der rund 10 Millionen Landwirtschaftsbetriebe bezahlen, insbesondere für die Ernährungssicherung und für die Mehrkosten infolge der hohen europäischen Standards gegenüber zum Beispiel Brasilien und vielen weiteren Drittstaaten.

In Bayern werden in der zweiten Säule der GAP zusammen mit der notwendigen, nationalen Co-Finanzierung aus diesen EU-Mitteln unter anderem folgende Programme umgesetzt wie zum Beispiel:

  •  Kulturlandschaftsprogramm (KULAP)
  •  Förderung des ökologischen Landbaus 
  • Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) 
  • Investitionsförderung für die Weiterentwicklung der Tierhaltung (AFP) und für die Diversifizierung von Landwirtschaftsbetrieben (DIV) 
  • Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete und Bergregionen (AGZ) 
  • Förderung von Mehrgefahrenversicherungen in der bayerischen Landwirtschaft (MGV)
  • Innovationsförderung (EIP-agri)
  • Waldbauliche Maßnahmen
  • Ländliche Entwicklung: Flurneuordnung und Dorferneuerung
  • LEADER.

Für die rund 100.000 Familienbetriebe in der bayerischen Landwirtschaft steht bei den Beratungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2028 bis 2034 letztlich die Existenz auf dem Spiel.

Die Politik darf die Land- und Forstwirtschaft als tragende Säule des ländlichen Raums in Bayern nicht gefährden, die gemeinsam mit dem vor- und nachgelagerten Bereich für rund 170 Milliarden Euro Jahresumsatz und 12 Prozent der Erwerbstätigen in Bayern steht.