Ein Mähdrescher auf einem Feld bei der Ernte.
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Was prägt die Zukunft der bayerischen Land- und Forstwirtschaft?

Die drei größten Chancen und Herausforderungen im 21. Jahrhundert

03.09.2020 | In den vergangenen 75 Jahren haben der rasanteste Wandel in der Landwirtschaft und die größte technische Revolution in der Menschheitsgeschichte stattgefunden. Die nächsten Jahre werden von mindestens genauso tiefgreifenden Änderungen geprägt sein.

Das sind die drei größten Chancen und Herausforderungen für die bayerische Land- und Forstwirtschaft.

Bestimmte Ereignisse und Entwicklungen haben das Potenzial, ganze Branchen auf den Kopf zu stellen und ganze Gesellschaftsbereiche durcheinanderzubringen. Der Klimawandel und die globale Vernetzung gehören dazu. Sie verändern Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend. Das macht auch vor den Höfen nicht Halt. So muss die Landwirtschaft im Zuge des Klimawandels beispielsweise mit zunehmenden Wetterextremen zurechtkommen. Um die Ernte auf den Feldern zu sichern, sind widerstandfähigere Pflanzen und damit die Züchtung neuer Sorten, die zum Beispiel mit Hitze und Trockenheit sowie mit zunehmendem Krankheits- und Schädlingsdruck besser umgehen können, von zentraler Bedeutung. Außerdem verändern sich der Anbau und die Fruchtfolge, um das Risiko von Wetterereignissen zu minimieren. Auch Bewässerung spielt eine immer größere Rolle. Die Land- und Forstwirtschaft ist in Sachen Klimawandel aber nicht nur unmittelbar betroffen, sondern gleichzeitig auch ein wichtiger Teil der Lösung. Mit der Produktion von Biomasse bindet sie  riesige Mengen an CO2. Die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen und Bioenergie leistet zudem einen Beitrag zum Ersatz fossiler Energieträger.

Die bayerischen Landwirte stehen zum internationalen Handel. Gleichzeitig sind die Folgen der Globalisierung auf den Höfen deutlich spürbar. Ein aktuelles Beispiel ist das umstrittene Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten: Das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und südamerikanischen Staaten beinhaltet einen schrittweisen Wegfall von Zöllen bei Importen und Exporten. Das betrifft zum Beispiel Rindfleisch, Geflügelfleisch und Zucker. Dabei haben die Mercosur-Staaten gerade bei Lebensmittelsicherheit, Umwelt-, Tier- und Klimaschutz deutlich niedrigere Standards als jene, die für Landwirte in der EU gelten. Für den Erhalt der regionalen Landwirtschaft in dieser Konkurrenzsituation ist deshalb ein finanzieller Ausgleich für die hohen Kosten durch Umweltauflagen oder mehr Tierwohl zwingend notwendig.

Insbesondere die Nutztierhaltung rückt immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit. Die aktuellen Zahlen (Viehzählung Mai 2020) sind dramatisch: Von den Schweinehaltern in Bayern haben in den letzten zehn Jahren gut ein Drittel das Handtuch geworfen. Die Zahl der Sauenhalter hat sich mehr als halbiert. Den Milchbauern ist es nicht besser ergangen: In den letzten 10 Jahren hat etwa ein Drittel die Milchviehhaltung aufgegeben. Wohin führt diese Reise? Die Tierhaltung zu erhalten und weiterzuentwickeln ist unsere Aufgabe. Die vom Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert vorgelegten Entwürfe zur Weiterentwicklung der Tierhaltung sind unterstützenswert. Jedoch gibt es im Detail noch erheblichen Diskussionsbedarf. Insbesondere dürfen die höheren Kosten für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung nicht bei den Erzeugern hängenbleiben. Inzwischen ist immerhin weitgehend akzeptiert, dass der nötige Preisaufschlag für mehr Tierwohl nicht komplett am Markt zu erzielen ist. Eine staatliche Tierwohlabgabe könnte die Lücke schließen. Die Finanzierung muss aber langfristig gesichert sein und darf nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen.