Teilnehmer der Podiumsdiskussion Jungunternehmerforum 2020
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Isabella Timm-Guri vom BBV (v. l.) leitete die Diskussion bei der Jungunternehmertagung: Landwirt Sebastian Dickow, LEH-Beraterin Heike Zeller, Tierarzt Dr. Andreas Randt, Tierschützerin Johanna Ecker-Schotte und der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer.

Hat Viehhaltung noch Zukunft?

Herrschinger Jungunternehmertagung: Impulse für die Tierhaltung

14.02.2020 | Die Herrschinger Jungunternehmertagung 2020 hat sich um ein zentrales Standbein der bayerischen Landwirtschaft, die Tierhaltung gedreht. Wo geht die Reise hin? Ernährungstrends und Erwartungen der Gesellschaft stellen die Landwirtschaft vor immer neue Herausforderungen.

Wie das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, ging es bei der Tagung um die Zukunft der Tierhaltung. Wie ticken die Marktakteure, wie zum Beispiel der Lebensmitteleinzelhandel, aber auch der Tierschutz und die Politik?
Die Startbedingungen könnten für Sebastian Dickow eigentlich nicht besser sein. Auf seinem Hof im niederbayerischen Mamming zieht der Junglandwirt Babyferkel auf, mästet Bullen und betreibt zusammen mit vier anderen Landwirten eine Biogasanlage. In seinem Alter schmiedete man früher Pläne, um den Hof voranzubringen, doch Dickow hat sich einen Investitionsstopp verordnet: „Ich habe derzeit nicht den Mut, einen neuen Stall zu bauen, da fehlt mir das Vertrauen in die Zukunft“.


Das fehlende Vertrauen in die Zukunft treibt auch die anderen 50 jungen Landwirtinnen und Landwirte um, die kürzlich zur Herrschinger Jungunternehmertagung ins Haus der Bayerischen Landwirtschaft gekommen waren. Die vom Bayerischen Bauernverband in Zusammenarbeit mit dem Wochenblatt organisierte Tagung hatte sich zum Ziel gesetzt, den Jungunternehmern neue Impulse zu geben.
Sebastian Dickow machte deutlich, dass es in der Landwirtschaft durchaus Fehlentwicklungen gegeben habe. „Wir werden es nicht schaffen, wenn wir uns nicht ändern wollen“, sagte Dickow im Hinblick auf die gesellschaftlichen Forderungen.
Die Gesellschaft und die Politik müssten im Gegenzug aber auch auf die Landwirte zugehen. Wenn Verbesserungen erreicht werden sollen, muss dies gemeinsam mit Beteiligung der Landwirte erreicht werden und darf nicht „von oben“ diktiert werden. Dickow nannte hier das Verbot des Schwanzkupierens in der Schweinehaltung: „Ich habe die Haltung von Langschwänzen ausprobiert und weiß jetzt, dass es unmöglich funktioniert“. Sämtliche Ferkel mit Langschwänzen wurden angebissen, mussten separiert und in Einzelhaltung aufgezogen werden. Ein Verkauf der Tiere war nicht mehr möglich.
 

Ja zum Tierwohl, aber nicht ohne Ausgleich

Dickow plädiert dafür, weiter zu forschen, wie das Schwanzkupieren vermieden werden kann. Aber die Lösungen müssten für die Landwirte umsetzbar sein. Verbote über die Köpfe der Landwirte hinweg seien nicht akzeptabel, solange es keine praxistauglichen Alternativen gebe. „Wir können Maßnahmen für mehr Tierwohl gerne durchführen. Wenn dies aber nur zu hohen Mehrkosten möglich ist, muss dies auch finanziell honoriert werden“, so Dickow.


Einen finanziellen Ausgleich für die Landwirte fordern auch die Tierschützer, machte Johanna Ecker-Schotte vom Tierschutzverein Tegernseer Tal deutlich, ein weiteres Zuwarten bei der Umsetzung von mehr Tierwohl wolle man aber nicht hinnehmen. Dr. Andreas Randt Geschäftsführer des Tiergesundheitsdienstes Bayern, wies darauf hin, dass der prophylaktische Einsatz von Antibiotika seit 2011 verboten sei und die eingesetzte Menge um 53 % verringert werden konnte. Inzwischen bestehe die Gefahr, dass Landwirte kranke Tiere gar nicht mehr mit Medikamenten behandeln, weil sie Angst vor Kontrollen und Auflagen haben.


Einig waren sich alle Referenten, dass die Umsetzung von mehr Tierwohl nur gelingen kann, wenn den Landwirten der Mehraufwand bezahlt werde. BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler warf die Frage auf, ob man wirklich warten könne, bis der Verbraucher irgendwann mehr bezahlt. „Wenn wir weiter auf freiwilliges Handeln beim Verbraucher warten, besteht die Gefahr, dass Gerichte und Politik rechtliche Fakten schaffen.“ Nach Ansicht von Stadler wäre es besser, wenn die Landwirtschaft durch eigene Vorschläge und Verpflichtungen vorangehen würde.
Ein vernünftiger Weg sei hier der neue Systemansatz des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, der derzeit im Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitet werde. Ziel sei, nicht nur das Tierwohl zu verbessern, sondern auch die wirtschaftlichen Grundlagen dafür zu schaffen. Die Umstellung auf den Betrieben solle nicht kurz-, sondern langfristig erfolgen.

Mehr dazu und weitere aktuelle Themen gibt's in der aktuellen Ausgabe 7 des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts