2012-12-23-BBV-Fachberaterin Daniela Reuter und Fachberater Udo Köhler
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Fachberaterin Daniela Reuter und Fachberater Udo Köhler im Interview mit dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt

Damit die Hofübergabe gelingt

Im Wochenblatt-Interview: BBV-Fachberaterin und Fachberater geben Tipps

23.12.2021 | Warum es sich lohnt, sich schon frühzeitig Gedanken um die Nachfolge im Betrieb zu machen, berichten die beiden Hofübergabe-Experten Daniela Reuter und Udo Köhler im Interview mit dem Landwirtschaftlichen Wochenblatt, das in der aktuellen Ausgabe BLW 51 vom 24. Dezember 2021 erscheint.

Daniela Reuter, Wirtschaftsjuristin, und Udo Köhler, Dipl. Wirtschafts-Ingenieur, haben in ihrer Tätigkeit als Generationenfolgeberater beim Bayerischen Bauernverband an den Geschäftsstellen Kaufbeuren und Bayreuth/Kulmbach bereits schon einige Hundert Hofübergaben begleitet.

Wochenblatt: Wann sollte man sich als Betriebsleiter/in Gedanken um die Hofübergabe machen?

Daniela Reuter: Meine Erfahrung in der Beratung zeigt: Es kommt immer wieder vor, dass ein Notfall die Betriebsfamilie zwingt, die Nachfolgeregelung völlig unvorbereitet anzugehen. Deshalb rate ich, dass sich die Übernehmergeneration bereits ab dem Zeitpunkt der eigenen Hofübernahme mit den Fragen auseinandersetzt: Was passiert im Krankheits- oder gar Todesfall? Haben wir entsprechende Vorsorgedokumente? Damit wollen wir niemanden ärgern oder triezen. Im Gegenteil: so kann verhindert werden, dass unvorhersehbare Ereignisse die Zukunft des Betriebs gefährden. Ein weiterer „Notfall“, für den vorgesorgt werden sollte, ist der Fall der Ehescheidung. Auch das kann Betriebe in ihrer Existenz gefährden.
Ich empfehle sehr, sich frühzeitig Gedanken zur eigenen Nachfolgeregelung zu machen. Die Vorbereitung sollte mindestens zehn Jahre vor dem eigentlichen Führungswechsel beginnen und spätestens drei Jahre vor der Übergabe eine Beratung stattfinden. Auch Notfallregelungen sollten getroffen werden und regelmäßig angepasst werden. Darüber hinaus ist auch der Aufbau einer privaten Altersvorsorge ein Thema mit dem sich die neuen Betriebsinhaber frühzeitig beschäftigen sollten. Ganz unter dem Motto: „Nach der Übergabe ist vor der Übergabe.“

Udo Köhler: Für solch zentrale Weichenstellungen ist es nie zu früh. In vielen Bereichen denken und wirtschaften die Bauernfamilien ja in Generationen. Die kommenden Generationen sollten oder müssen vielleicht sogar auch bei wichtigen Entscheidungen im Betrieb mitgedacht werden und die Hofübergabe frühzeitig in den Blick genommen werden.


Wochenblatt: Gibt es Themen, die immer wieder zu Streit führen oder die Emotionen hochkochen lassen?

Udo Köhler: Bei der Hofübergabe geht es häufig auch um Fragen wie z. B. wer trägt im Fall der Fälle die Kosten für einen Pflegeplatz. Für die Familienmitglieder sind das sehr emotionale Themen und es fällt nicht immer leicht, sich mit solch konkreten Fragen auseinanderzusetzen, die erst in der Zukunft wichtig werden. Aber Hofübergabe ist natürlich auch Nachlassplanung. In unseren Übergabeberatungen spielt deshalb das Erbrecht eine zentrale Rolle.

Daniela Reuter: Konfliktbehaftete Themen sind häufig: Die Abfindung weichender Erben und die Höhe des Austrags. Ich stelle immer wieder fest, dass strittige Fragen geklärt werden können, sobald alle Beteiligten sich gut über rechtliche Rahmenbedingungen informiert fühlen. Ich helfe dabei, die Lage zu analysieren, die nötigen Informationen für alle Beteiligten zusammenzustellen und nachvollziehbar zu machen. Häufig bekommen die Familien auch eine Hausaufgabe, z.B. sollen die Übergeber ihren monatlichen Bedarf ermitteln, um so einen Anhaltspunkt für die Höhe der benötigten Austragsleistung zu bekommen. Im Laufe des Beratungsprozesses  entsteht häufig ein neuer Blick auf Themen. , die vor der Beratung als Hindernisse wahrgenommen wurden.
 
Wochenblatt: Wie lassen sich die großen Probleme bei der Hofübergabe umschiffen?

Daniela Reuter: Enorm wichtig ist es, dass die Familie auf sich und die eigene Situation schaut. und nicht darauf, wie es ein Nachbar oder der alte Bekannte aus der Winterschule gemacht hat. Und Google weiß zwar viel, trotzdem ist es wenig ratsam sich bei einem solch wichtigen und komplexen Thema allein auf Informationen aus dem Internet zu verlassen.

Udo Köhler: Es geht darum, offen miteinander zu besprechen, wohin die Reise mit dem Betrieb gehen soll und welche Wünsche und Bedürfnisse da sind. Auch kritische Themen sollten angesprochen werden, nur so kann man gemeinsam klären, was geht und was nicht.

Daniela Reuter: Absolut! Strittige Fragen gehören auf den Tisch, bevor der Vertrag unterzeichnet wird. Und das können für jeden Einzelnen ganz unterschiedliche Dinge sein. Die Beteiligten sollten die Möglichkeit haben, über die Dinge zu sprechen, die ihnen wichtig sind – je früher desto besser.  So können Probleme beseitigt werden, bevor sie überhaupt zu einem ernsten Problem werden. Wenn die Beteiligten die einzelnen Sichtweisen kennen, ist die Chance groß, dass gemeinsam gute Lösungen erarbeitet werden können, die auch langfristig von der gesamten Familie getragen werden. In den Fällen, wo es bereits größere Konflikte gibt, ist ein Mediator hilfreich. Er hilft die unterschiedlichen Sichtweisen zu verstehen und doch wieder auf einen gemeinsamen Weg zu kommen.

Udo Köhler: Ich versuche auch immer den Familien ein bisschen Gelassenheit zu vermitteln. Ja, es geht häufig um wichtige und knifflige Entscheidungen. Und ja, oft auch um viel Geld. Aber am Ende sind es doch nur materielle Dinge, viel wichtiger ist doch, dass es der Familie gut geht und gemeinsam ein Weg gefunden wird, der für alle gangbar ist.

Wochenblatt: Wie bleibt man miteinander im Gespräch?

Daniela Reuter: Insbesondere in der Endphase der Übergabe kann es hilfreich sein, sich regelmäßig zu einem Familiengespräch zu verabreden und das auch durchzuziehen. Über die Gedanken, die bei den einzelnen Personen entstehen oder ihnen vielleicht sogar den Schlaf rauben, muss man reden und sich austauschen. Ebenso wichtig sind Beratungsgespräche. Ein neutraler Dritter kann offene Fragen beantworten, neue Impulse geben und die Familien dabei unterstützen, für noch ungeklärte Themen eine Lösung zu finden.

Udo Köhler: Bei der Hofübergabe ist aus meiner Sicht entscheidend, dass die Lebensleistung der Übergeber respektiert wird und gleichzeitig gemeinsam der Blick in die Zukunft gerichtet wird. Meine Erfahrung ist: Jeder versucht mit seinen Fähigkeiten und seinen Möglichkeiten das hinzubekommen. Und auch wenn es bei der Hofübergabe nicht auf Anhieb gelingt diesen Kraftakt gemeinsam und mit der nötigen Wertschätzung hinzubekommen, dann gibt es doch immer einen Weg. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam finden, wir sind genau dafür da.

 

Tipps für eine erfolgreiche Übergabe:

  1. Frühzeitig beginnen
  2. Die eigene Situation im Blick haben
  3. Gemeinsame Ziele festlegen und verfolgen
  4. Wertschätzende, offene und ehrliche Gespräche
  5. Professionelle Beratung

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