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Hans Rebelein, Wolfgang Schultheiß
© BBV - Rebelein

Vorschläge der EU-Kommission drohen zur Abrissbirne der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik zu werden!

Einordnung und Forderungskatalog des BBV zu den Vorschlägen der EU-Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) anlässlich des Besuchs von EU-Agrarkommissar Christophe Hansen

29.07.2025 | Der Bayerische Bauernverband kritisiert die Vorschläge der EU-Kommission zu MFR und GAP vom 16. Juli 2025 massiv: Damit würde die Kommission die Axt an die Gemeinsame Agrarpolitik als zentrales Stabilitätselement der EU anlegen. Die Struktur der Gemeinsamen Agrarpolitik mit erster und zweiter Säule wäre damit grundsätzlich in Gefahr. Zudem werden für die bayerischen Landwirtschaftsbetriebe Verlässlichkeit und Planbarkeit, wie sie durch die GAP über Jahrzehnte gewährleistet waren, gefährdet, da beim zukünftigen Agrarbudgets bis zu 20 Prozent oder sogar mehr an Kürzungen im Raum stehen. Zudem bergen die Kommissionspläne die Gefahr in sich, dass Nebenerwerbsbetriebe, ältere Landwirte und Betriebe mit außerlandwirtschaftlichen Einkommen wie z. B. Urlaub auf dem Bauernhof, Erneuerbaren Energien, Regional- bzw. Direktvermarktung von den Agrarzahlungen ausgeschlossen werden könnten. Für den Bayerischen Bauernverband sind all diese Überlegungen ein No Go.

Nun sind die Mitgliedstaaten – gerade auch die neue Bundesregierung sowie die Bayerische Staatsregierung – und das Europäische Parlament gefordert, die Kommission an ihre Verantwortung zu erinnern, familiengeführte Landwirtschaftsbetriebe und die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft sowie damit den ländlichen Raum zu stärken.

Angesichts der weltpolitischen Lage, der Sicherheitserfordernissen und gerade auch der Ernährungssicherung für Europa durch eine starke EU-Agrarpolitik braucht es nicht weniger, sondern mehr Geld beim Mehrjährigen Finanzrahmen der EU von 2028 bis 2034. Das Anfang 2025 veröffentlichte Eurobarometer der EU-Kommission bekräftigt diese Anliegen durch die Erwartungshaltung der europäischen Bürgerinnen und Bürger auf: Als Priorität der EU-Agrarpolitik (GAP) nennen 94 Prozent der Europäer die Sicherstellung einer zu jeder Zeit sicheren Nahrungsmittelversorgung in der EU. Eine relative Mehrheit der Europäer ist mit 46 Prozent für eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung der EU an Landwirte im Laufe der nächsten 10 Jahre.
Vor dem Hintergrund bekräftigt der Bayerische Bauernverband seine Forderungen und Positionen gegenüber der EU-Kommission und auch EU-Agrarkommissar Christophe Hansen:
 

Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) 2028 bis 2034: Starkes und erhöhtes Agrarbudget nötig!

Eine stabile und zukunftsfeste EU braucht angesichts der weltpolitischen Lage, der Sicherheitserfordernisse und insbesondere auch der Ernährungssicherung nicht weniger, sondern mehr Geld. Der MFR 2028 bis 2034 muss ein stark erhöhtes Agrarbudget vorsehen, weshalb der aktuelle Kommissionsvorschlag deutlich nachzubessern ist. Zugleich sind die bewährte 2-Säulenstruktur der GAP sowie der Fortbestand des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) fortzusetzen. Den Vorschlag zum Single-Plan lehnen wir strikt ab.

Gesetz zur Naturwiederherstellung (NRL): Jetzt inhaltliche Nachbesserungen fürs nächste Vereinfachungspaket im Herbst 2025 fixieren und sofort Zeitplan strecken!

Auf europäischer Ebene ist nochmals die Naturwiederherstellungsverordnung grundsätzlich anzupacken, indem beispielsweise über die aktuell laufenden Vereinfachungspakete der EU-Kommission elementare Erleichterungen gerade für die Land- und Forstwirtschaft auf den Weg gebracht werden.

Entwaldungsverordnung (EUDR): Nachjustierung über zusätzliche vierte Risikogruppe ist überfällig!

Die EU-Kommission muss jetzt sofort die gesetzgeberische Initiative auf den Weg bringen, um eine vierte Risikokategorie „vernachlässigbares Risiko“ neben den Kategorien „niedrig“, „Standard“, „hoch“ einzuführen. 

Bodenüberwachungsgesetz (SML) und Forstüberwachungsgesetz (FML): Bitte Notbremse bei den Plänen für unnötige, zusätzliche Überwachungsbürokratie ziehen!

Als Politiklinie auf EU-Ebene für ein hohes Grundvertrauen in die Bewirtschaftung stehen diese zusätzlichen Überwachungspläne im Widerspruch. Landwirte und Waldbesitzer wirtschaften mit großer Verantwortung und brauchen keine zusätzliche Überwachung und noch weniger zusätzliche Regeln. 

EU-Politik: Alle relevanten EU-Rahmenbedingungen müssen zu einer strategischen Standortpolitik pro Nutztierhaltung beitragen!

Eine starke europäische Landwirtschaft braucht langfristige Zukunftsperspektiven für tierhaltende Landwirtschaftsbetriebe.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Verlässlichkeit und Planbarkeit der GAP für die aktuell rund 10 Millionen Landwirtschaftsbetriebe der EU-27 sicherstellen!

Mögliche EU-Erweiterungen dürfen nicht zulasten bestehender Fördersysteme gehen.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Stärkung familiengeführter Landwirtschaftsbetriebe in der künftigen GAP!

Notwendig sind eine Schwerpunktausrichtung insbesondere auf Ernährungssicherung, Wettbewerbsfähigkeit, Bioökonomie, Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaften und natürlichen Ressourcen. Das trägt dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ Rechnung.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Einkommenswirksame Direktzahlungen zur Stärkung der Resilienz familiengeführter Landwirtschaftsbetriebe sowie Einkommenssicherung über eine starke Basisprämie und Stärkung von Junglandwirten/-innen!

Für eine hohe Stabilität von familiengeführten Landwirtschaftsbetrieben ist eine einkommenswirksame Gestaltung der Direktzahlungen wichtig. Die Erste-Hektare-Regelung ist auszubauen. Zur Stärkung des Dauergrünlands und dessen besonderen Klimaschutzbeitrags ist eine Grünland-Humus-Prämie einzuführen. Für Junglandwirte/-innen, die Verantwortung für landwirtschaftliche Familienbetriebe mit einem eigenen Zukunftskonzept übernehmen, ist eine Startförderung besonders hilfreich. 

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Abbau von Komplexität und Bürokratie gegenüber bisheriger GAP!

Die aktuelle Gestaltung der Konditionalität ist für alle Landwirte weiter zu vereinfachen.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Anreize für freiwillige, kooperative Naturschutz- und Umweltleistungen, Förderung benachteiligter Gebiete sowie für die marktkonforme Weiterentwicklung des Ökolandbaus in der GAP.

Freiwillige Agrarumweltmaßnahmen – zum Beispiel in Bayern das KULAP – müssen für die Landwirtschaftsbetriebe attraktiv und praktikabel gestaltet sein. Zudem muss die künftige GAP hier so konzipiert sein, dass eine Kannibalisierung von regionalen Maßnahmen generell ausgeschlossen wird. Die Förderung benachteiligter Gebiete und von Bergregionen ist weiterhin stark zu halten. 

Gemeinsame Marktorganisation (Art 148 und Art 168): Ablehnung stärkerer Reglementierung von Lieferbeziehungen

Die Vorschläge der EU-Kommission sehen eine obligatorische Verpflichtung zu schriftlichen Lieferverträgen vor, die insbesondere Preis, Liefermenge und -zeitpunkt sowie mengenbezogene Preisklauseln enthalten sollen. Diese Vorgaben lehnen wir in der GMO für den Milchsektor (Art. 148) ab, aber auch für Obst/Gemüse, Getreide, Hopfen und Fleisch (Art. 168).

EU-Öko-Recht: Entwicklungsbarrieren für Öko-Tierhalter aus dem Weg räumen

Wir brauchen eine Klarstellung der EU-Kommission, dass auch Betriebe ohne vollumfängliche Weidehaltung "öko" bleiben können und generell eine EU-Öko-Verordnung, die den Öko-Tierhaltern Rückenwind gibt statt sie ausbremst.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Künftige GAP muss Ziele der EU-Verträge erfüllen!

  • Produktivität in der Landwirtschaft für sichere Versorgung mit Nahrungsmitteln verbessern
  • angemessenes Einkommen für Bäuerinnen und Bauern
  • Land- und Forstwirtschaft als Teil der Lösung beim Klimaschutz und nachhaltige Bewirtschaftung
  • Erhalt vitaler, ländlicher Gebiete und der Kulturlandschaften
  • Stärkung der Wirtschaft im ländlichen Raum.

Download: Einordnung und Forderungskatalog des BBV zu den Vorschlägen der EU-Kommission zum MFR und GAP