Ein Traktor mit Güllefass auf einer Wiese.
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Bauern wollen fachlich begründbare Düngeregeln und eindeutig nachvollziehbare Gebietskulisse

Position des BBV-Präsidiums

11.03.2020 | Position des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes zu den Beratungen des Bundesrates zur Novelle der Düngeverordnung

Nicht ein angedichteter Unwille zur Veränderung oder ein fehlendes Verständnis für Umweltschutz treibt die Bauern aktuell auf die Straße und zu lautstarkem, friedlichem Protest. Die Bäuerinnen und Bauern vermissen Wertschätzung seitens Politik und Gesellschaft. Immer neue zusätzliche Auflagen und praxisferne, fachlich unverständliche Vorschläge erdrücken die Bauernfamilien im Moment förmlich. Die Stimmung auf den bayerischen Bauernhöfen ist deshalb am Boden und Frust kommt auf. Sie fühlen sich von der Politik und Gesellschaft alleingelassen. Es muss deshalb Schluss sein mit der ständigen Gängelei der Bauern, mit ständig neuen Auflagen und zusätzlicher Bürokratie insbesondere bei Tierhaltung, Düngung und Ackerbau.

Regelungen der Düngeverordnung sachorientiert und praxistauglich gestalten

Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes verweist ausdrücklich auch auf die ausführliche fachliche Stellungnahme zur Novelle der Düngeverordnung (DüV), die die Präsidentenkonferenz am 14. Januar 2020 an Politik und Ministerien gerichtet hat.
Angesichts der Beratungen des Bundesrates betonen die Mitglieder des Präsidiums aktuell insbesondere folgende Aspekte, die insgesamt Bedeutung haben:

  • Im Sinne der Umsetzbarkeit braucht es eine einfache statt der aktuell geplanten hoch komplexen Hangneigungsregelung.
  • Für Ausbringverluste und die Mindestwirksamkeit bei Gülle müssen realistische Werte erhalten bleiben.
  • Auch für die Dokumentation der Düngung braucht es eine praxistaugliche Regelung, wie z.B. in Österreich, wo auf Betriebsebene und bis 31. März des Folgejahres aufgezeichnet werden muss, statt einzelflächenbezogen und jeweils in 2 Tagen.
  • Der Aspekt Futterverschmutzung und damit Tiergesundheit muss bei Gülleausbringung auf Grünland berücksichtigt werden.
  • Im Sinne des Bodenschutzes muss auch die Befahrbarkeit der Böden bei der Frühjahrsdüngung einbezogen werden. Deshalb muss Landwirten auch die Möglichkeit zur Ausbringung von Düngemitteln auf durch Frost tragfähigen Böden erhalten bleiben.

Rote Gebiete: fachliche Korrekturen vornehmen

Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes fordert weiterhin nachdrücklich die folgenden fachlichen Korrekturen bei den vorgesehenen Auflagen in den künftigen roten Gebieten:

  • Eine Sommerdüngung zu Zwischenfrüchten muss möglich bleiben, da diese besonders zum Erosionsschutz, zur Humusanreicherung und Stickstoffbindung sowie zur Unkrautverdrängung auf Äckern beitragen. Da ohne eine bedarfsgerechte Andüngung keine ausreichende Bestandsentwicklung gewährleistet werden kann, ist eine Korrektur des geplanten Verbots der Düngung von Zwischenfrüchten zwingend notwendig. Im Sinne der Ressourceneffizienz ist es wichtig, dass weiterhin die Möglichkeit der umweltgerechten Gülleausbringung besteht.
  • Außerdem muss die Düngung nach Nährstoffbedarf der Pflanzen erhalten bleiben, da eine Düngung 20 % unter Bedarf im Betriebsdurchschnitt zu Humusabbau und massiven Ertragseinbußen bis hin zum Totalverlust führen kann, beispielsweise im Gemüsebau oder bei Qualitätsgetreide.

Rote Gebiete: Datengrundlage überprüfen und Abgrenzung korrigieren

Da die Abgrenzung der roten Gebiete künftig bundesweit einheitlich erfolgen soll und eine Bundesarbeitsgruppe aktuell hierfür die Kriterien erarbeitet, fordert das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes neben der Einbeziehung von landwirtschaftlichem Sachverstand in dieses Arbeitsgremium die Berücksichtigung folgender Punkte:

  • Transparente Überprüfung und erforderliche Korrekturen bei Messnetzen    
    Stichpunktartige Messstellenbegehungen in ganz Bayern haben gezeigt, dass Zweifel an der Qualität bestimmter staatlicher Messpunkte begründet sind – insbesondere bei ungefassten Quellen. Alle für die Nitratberichterstattung und Gebietsabgrenzung relevanten Messstellen müssen daher in einem neutralen, transparenten und für die Öffentlichkeit nachvollziehbaren Verfahren auf ihre Eignung (technischer Zustand, Repräsentativität, landwirtschaftlicher Einfluss) geprüft und die Ergebnisse dokumentiert und veröffentlicht werden. Ungeeignete Messstellen müssen umgehend ausgesondert und Standorte für aussagekräftige Ersatzmessstellen ausgewählt werden. Wichtig sind dabei der Austausch und die Information vor Ort. Zu den Anforderungen an Grundwasser-Messnetze und -Messstellen verweisen wir auch nochmals auf das diesbezügliche Positionspapier der BBV-Präsidentenkonferenz vom 13. Januar 2020.
     
  • Abgrenzung anhand hydrogeologischer Kriterien    
    Da die neuen geplanten Auflagen für rote Gebiete nach der DüV weit über die Festsetzungen von Wasserschutzgebieten (WSG) hinausgehen, müsste die Abgrenzungsmethodik konsequenterweise mindestens den Anforderungen für WSG entsprechen. Diese werden durch eigene Rechtsverfahren festgelegt, die auf hydrogeologischen Gutachten beruhen, um die Auflagen rechtssicher verordnen zu können. § 6 Abs. 2 der Grundwasserverordnung verpflichtet schon heute die zuständige Behörde, bei Überschreitung von Schwellenwerten die flächenhafte Ausdehnung der Belastung zu ermitteln. Insofern müssten Einzugsbereiche, Zustromrichtung und Flächenanteile von einzelnen Messstellen bereits bekannt sein.
     
  • Anpassung der Gebietsabgrenzung nach EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)    
    Die WRRL zielt auf eine überblicksweise Betrachtung ab, bei welchen Wasserkörpern grundsätzlich (d.h. womöglich nur gebietsweise) ein Bedarf besteht, um dort grundsätzlich freiwillige Maßnahmen zur Zielerreichung durchzuführen. Sofern diese unscharfe Zustandsbewertung nach § 7 GrwV Grundlage für die Abgrenzung der roten Gebiete mit entsprechend gravierenden Auflagen bleibt, ist zunächst eine bundesweit einheitliche und EU-Rechts-konforme Vorgehensweise bei der Zustandsbewertung erforderlich. Sollte das bayerische 4-Stufenschema Eingang in die Bundesverwaltungsvorschrift finden, sind u.a. folgende Anpassungen geboten:

o    Prüfschritt 2: Wenn eine belastete WRRL-Messstelle und eine Wasserfassung über 50 mg/l in räumlichem Zusammenhang stehen, darf das nicht dazu führen, dass ein ansonsten unbelasteter Grundwasserkörper vollständig zum roten Gebiet nach Düngerecht wird. Hier braucht es eine differenziertere Vorgehensweise.
o    Prüfschritte 3 und 4: Das Flächenkriterium muss deutlich über 20 % ansetzen, um erst bei höherem Anteil kritischer Messstellen den gesamten Bereich rot einzustufen. Der Leitfaden der EU-Kommission-Nummer 18, CIS Guidance Document zur Umsetzung der WRRL, sieht auf Seite 29 eine Abweichungsmöglichkeit vom Standardwert 20 % bei entsprechender Begründung vor. Zudem ist fachlich nicht nachvollziehbar, warum in Schritt 3 jedem Messpunkt pauschal der gleiche Flächenanteil zugewiesen wird. Für eine Ableitung von Ordnungsrecht ist diese Vorgehensweise zu vage.
o    Eine Neubewertung der für die Düngung maßgeblichen Gebietskulisse muss grundsätzlich in kürzeren Intervallen erfolgen, als es die 6-Jahres-Zyklen der WRRL vorsehen.

  • Binnendifferenzierung
    Eine Herausnahme unbelasteter Teilbereiche aus roten Gebieten (sog. weiße Gebiete) ist laut geltender DüV dann möglich, wenn es keine Messpunkte mit mehr als 37,5 mg/l und steigendem Trend gibt.

    Künftig ist sicherzustellen, dass dieser Rahmen nicht wie bei der bisherigen bayerischen Vorgehensweise verschärft wird, indem z.B. ein fallender Trend oder eine Mindestgebietsgröße von 25 km² vorgeschrieben wird.

    Sollte sich die Bundesarbeitsgruppe darauf einigen, neben den Grundwassermesswerten weitere Kriterien (z.B. Modellierungen) einzubinden, sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:

o    Das seit November weiter entwickelte Bayerische Modell kann eine gute Ausgangsbasis zur Modellierung der Sensibilität eines Gebietes und zur Abgrenzung weißer Gebiete darstellen. Aus Sicht des BBV darf die Sensibilität in Kombination mit der landwirtschaftlichen Intensität bei der Binnendifferenzierung nicht einschränkend wirken, sondern muss als zusätzliches Befreiungskriterium genutzt werden. Zumindest dürfen Gebiete, die wegen entsprechend niedrig belasteter Messstellen weiß werden könnten, nicht mangels positiver Modellierungsbewertung trotzdem rot bleiben.
o    In dieses Bayerische Modell könnte ggf. der Anteil von Agrarumweltmaßnahmen, Gewässerschutzkooperationen, KULAP-Flächen mit wasserwirtschaftlichen Maßnahmen bzw. Zielsetzungen beim sog. Intensitätsstufenmodell zusätzlich als Pluspunkt mit einbezogen werden (natürlich nicht mehr die Fruchtfolgeförderung, die schon in die Kulturartenanteile eingeht).
o    Wegen der deutlich gesteigerten Auflagenschärfe der DüV für rote Gebiete sollte statt der bisherigen Priorisierungsschwelle, die zwischen 4 und 5 liegt, diese dann zwischen 6 und 7 angesetzt werden. In den dadurch herausgefallenen Teilbereichen werden im Rahmen der Maßnahmengebiete nach WRRL ohnehin Maßnahmen zum Gewässerschutz umgesetzt. Man sollte hier weiterhin auf Kooperation und Freiwilligkeit setzen.
o    Die Mindestgröße von 25 km² muss entfallen, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Es müssen künftig auch Bereiche in Gemarkungsgröße mit wenigen hundert Hektar als weiße Gebiete abzugrenzen sein.
o    Als zusätzliches Kriterium sollte in der Bundesverwaltungsvorschrift die Möglichkeit geschaffen werden, Kooperations- und Projektgebiete als weißes Gebiet abzugrenzen:
-    Kooperationen mit nachgewiesenem Erfolg, Trendumkehr bereits belegt oder von der Wasserwirtschaft bestätigt
-    Gebiete mit zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaftsverwaltung abgestimmtem Konzept mit erwarteter gleicher Wirkung wie die zusätzlichen Auflagen der DüV in roten Gebieten, inklusive Monitoring z.B. über Herbst Nmin Bodenproben, Mindestbeteiligung der Landwirte bzw. Fläche im Maßnahmengebiet, Mindestlaufzeit fünf Jahre, förderfähig über AUM Programme
-    dabei können Maßnahmen synergistisch auch für die Biodiversität genutzt werden
o    Außerdem sollte im Rahmen der Bundesverwaltungsvorschrift eine Möglichkeit geschaffen werden, wie Einzelbetriebe mit nachweislich besonders effizienter und damit ressourcenschonender Wirtschaftsweise von den zusätzlichen Auflagen in roten Gebieten befreit werden können.

Nein zu zusätzlichen Nitrat- und Phosphatkulissen

Rote Teilbereiche in grünen Gebieten: Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes lehnt eine Ausweitung der roten Gebietskulisse auf Teilbereiche grüner Gebiete um belastete Einzelmessstellen ab. Angesichts der geplanten Auflagenschärfe wird jegliche Ausweitung der roten Gebietskulisse und Schaffung neuer Betroffenheiten abgelehnt, insbesondere wenn die Gesamtsituation des Grundwassers in einem bestimmten Gebiet keinen Handlungsbedarf anzeigt.

Phosphatkulisse: Das Präsidium des Bayerischen Bauernverbandes lehnt eine zusätzliche Phosphatkulisse ab, da es bei der Düngeverordnung um die Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie geht, die für Phosphor keine gesetzlichen Regelungen vorsieht.