Bunter Container zeugen von einem florierenden Welthandel
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Position: Rote Linien bei Beratungen zu TTIP absolut einhalten

Standards schützen und Chancen ausloten!

17.03.2015 | Position des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes zu den Beratungen der EU-Kommission über ein bilaterales Handelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership – transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) mit den USA.

Bereits am 7. November 2014 haben alle Kreisobmänner und Stellv. Kreisobmänner der 72 Kreisverbände in Bayern einstimmig Positionen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein bilaterales Handelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership – transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft) mit den USA beschlossen. Aktuell bekräftigen die Mitglieder des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes diese Positionen als „rote Linien“ nochmals:

Der Bayerische Bauernverband sieht sowohl Chancen als auch Risiken in den Beratungen über ein mögliches Abkommen zwischen EU und USA. Daher begleitet der Berufsstand die Verhandlungen sehr wachsam und kritisch, bringt sich aber auch konstruktiv und mit konkreten, sachlich differenzierten Forderungen ein. In einer pauschalen Blockadehaltung mit der Forderung „Stoppt die Verhandlungen“, wie sie verschiedene anderen Organisationen und Gruppen einnehmen, sieht der Bauernverband die falsche Strategie, um die berechtigten Forderungen zum Schutz der europäischen Standards umzusetzen. Außerdem spiegelt sie die Interessenlage einer auch am Export interessierten bayerischen Land- und Ernährungswirtschaft nicht wider.
 
Chancen ausloten

Die europäische Landwirtschaft bzw. das gesamte Agribusiness sind daran interessiert, Marktpotentiale für die in der EU erzeugten, qualitativ hochwertigen Lebensmittel auch außerhalb der EU erfolgreich zu erschließen und auszubauen. Auch die USA bieten Marktpotentiale, zum Beispiel für Käse aus Bayern. Ein Handelsabkommen kann und muss dazu beitragen, bestehende bürokratische und technische Barrieren beim Warenaustausch (z. B. Einfuhrzertifikate und -kontrollen) abzubauen. Dies ist im Interesse der Wirtschaftsbeteiligten auf beiden Seiten und kann gerade auch kleinen und mittleren Unternehmen neue Chancen im Export eröffnen.
 
Standards schützen
Auf der anderen Seite muss die EU-Kommission in einem Handelsabkommen mit den USA Lösungen finden, wie mit der grundsätzlich unterschiedlichen Herangehensweise von EU und USA bezüglich Erwartungen von Politik und Gesellschaft an die Lebensmittelerzeugung umgegangen wird. In der EU wird der Prozessqualität ein ebenso hoher Stellenwert wie der Produktqualität eingeräumt. Dementsprechend müssen die Bauernfamilien in der EU viele strikte gesetzliche Vorgaben dazu einhalten. Die Prozessqualität umfasst dabei unter anderem Bereiche wie Umwelt- und Tierschutz, die sich nicht direkt in der Produktqualität widerspiegeln, wohl aber in den Kosten für die Erzeuger. Beispiele dafür reichen vom Verbot des Einsatzes von Wachstumshormonen in der Tierhaltung oder von Hormonen zur Steigerung der Milchleistung in der EU, über die Chlorbehandlung von Schlachtgeflügel bis hin zu Umweltauflagen bei der Ausbringung von Gülle oder der Kontrolle des Ammoniakausstoßes. Die Herangehensweise der USA zielt hingegen sehr stark nur auf die Produktqualität ab. Zum Schutz der bayerischen Bauern und der bayerischen Verbraucher dürfen so in den USA erzeugte Milch- und Fleischprodukte durch den Erhalt der Standards nicht auf den europäischen Lebensmittelmarkt in Europa gelangen.

Diese unterschiedlichen Erwartungshaltungen dürfen nach Ansicht des Bayerischen Bauernverbandes nicht dazu führen, die heimische Landwirtschaft durch einseitige Kosten- und Wettbewerbsnachteile gegenüber Importprodukten aus dem Markt zu drängen und damit die in der EU gesellschaftlich und politisch geforderten hohen Standards zu unterlaufen.

Der Bayerische Bauernverband fordert deshalb zwingend, insbesondere Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Zucker als so genannte sensible Produkte vorzusehen, für die beim Marktzugang der USA zur EU spezielle Regelungen zu treffen sind. Letztlich muss der Prozess der Lebensmittelerzeugung auch als ein Teil der Daseinsvorsorge gesehen und dem entsprechend besonders behandelt und nicht mit technisch-industriellen Produktionsprozessen in einen Topf geworfen werden.

Gesetzgebungshoheit achten und auf Schiedsgerichtsverfahren verzichten
Außerdem dürfen grundlegende Gesetze der EU durch ein Handelsabkommen nicht umgangen werden. Hierzu gehören unter anderem die europäischen Regeln zum Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Die Entscheidung über Anbau und Verkauf von GVO muss auch weiterhin in der Entscheidungshoheit der EU bzw. ihrer Mitgliedstaaten bleiben. Ebenso müssen geographische Ursprungsbezeichnungen gegenseitig geachtet und geschützt werden.

Auch beim Thema Investitionsschutz ist dem Rechnung zu tragen, dass sowohl die USA als auch die EU funktionierende demokratische Gesetzgebungs- und Rechtssysteme besitzen. Die Ergebnisse dieser Gesetzgebungs- und Rechtssysteme müssen geachtet werden. Der Bayerische Bauernverband lehnt Schiedsgerichtsverfahren zum Investorenschutz vor diesem Hintergrund ab.