Austaushc Industrieemissionsrichtlinie
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Politischer Austausch zum Vorschlag der EU-Kommission zur Novelle der Industrieemissionsrichtlinie

Online-Runde mit Manfred Weber, Norbert Lins und Marlene Mortler

27.07.2022 | Der Bayerische Bauernverband setzt sich mit Nachdruck für die Interessen der bayerischen Bäuerinnen und Bauern in Brüssel ein. Das tut er im engen Austausch etwa mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments.

Dass der Verband mit seinem Einsatz in Brüssel erfolgreich ist, wurde beispielsweise bei der Kommissionsempfehlung zur Aussetzung der „Pflichtbrache“ (GLÖZ 8) und des „Fruchtwechsels“ (GLÖZ 7) für 2023 deutlich.

Im engen Austausch mit den EU-Parlamentariern steht der Bayerische Bauernverband auch bei anderen drängenden EU-Angelegenheiten. Eine davon ist die Novelle der Industrieemissionsrichtlinie. Am 5. April hat die Europäische Kommission einen Entwurf dafür vorgestellt. Von den anvisierten Änderungen wäre, anders als es der gesamte Name der Richtlinie vermuten lässt, die gesamte bäuerliche Tierhaltung massiv betroffen. Vor allem familiengeführte Betriebe hätten unter den Kommissionsplänen schwer zu leiden. Seit Bekanntwerden der Pläne setzt sich der Bauernverband mit Nachdruck für eine Änderung der Novelle ein.
Dazu tauschten sich am 22.07.2022 Bauernpräsident Walter Heidl, EVP-Fraktionsvorsitzender Manfred Weber, Marlene Mortler und Agrarausschussvorsitzender des EU-Parlaments Norbert Lins aus. Außerdem nahmen an der Online-Runde BBV-Veredelungspräsident Gerhard Stadler, der Veredelungspräsident des Deutschen Bauernverbands Hubertus Beringmeier und der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbands Karsten Schmal teil.


Grundlegend einig war sich die Runde bei der Feststellung, dass der Kommissionsvorschlag in der aktuellen Fassung der Industrieemissionsrichtlinie nicht verabschiedet werden dürfe.
In die novellierte Fassung einbezogen wären in Zukunft Tierhalter bereits ab 150 „Livestock Units“, also Großvieheinheiten, sowie zusätzlich der gesamte Rinderbereich. Im Bereich der Schweinehaltung würden so bereits Mastställe mit 500 Plätzen unter die neuen Vorgaben fallen. In der Milchviehhaltung wären alle Betriebe ab 100 Plätze plus Nachzucht betroffen sein. Alle diese Betriebe müssten umfangreiche und kostenintensive Maßnahmen zum Emissionsschutz in den Ställen umsetzen. „Das würde viele Familienbetriebe endgültig in die Knie zwingen“ mahnte Bauernpräsident Heidl. Auch für lebensmittelverarbeitende Betriebe wie Molkereien und Schlachthöfe hätte der Kommissionsvorschlag enorme Auswirkungen. 
Auch unterstrichen alle Teilnehmenden, dass der Entwurf der Kommission die aktuellen gesellschaftlich geforderten Bemühungen für mehr Tierwohl konterkariere. Denn bereits jetzt stellten Bau- und Immissionsschutzrecht im Stallbau enorme Hindernisse dar. Würde sich die Kommission mit ihrem Vorschlag durchsetzen, wären neue Tierwohl-Stallungen vielerorts unmöglich. Diesen Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Emissionsschutz gelte es zugunsten des Tierwohls zu beseitigen.


Kritisiert wurde auch, dass die Folgenabschätzung für die tierhaltenden Betrieb zum aktuellen Zeitpunkt nicht verlässlich erfolgen kann. Denn das ist erst nach der Bestimmung der Best-verfügbaren Technik möglich. Diese noch zu bestimmende Technik müsste dann auf den Betrieben zur Anwendung kommen. Hier stehen Dinge wie die Güllekühlung und -ansäuerung im Raum, um Emissionen von Ammoniak und Methan zu reduzieren. 
Weitere angesprochene Kritikpunkte waren:

  • aufwendige fortlaufende Überprüfungen der Stallanlagen durch spezialisierte Gutachterbüros, um weiterhin die Produktion am Standort aufrechterhalten zu können
  • kein Bestandsschutz und damit keine Planungssicherheit aufgrund der geplanten, dynamischen Nachrüstpflicht
  • zeitaufwendige, überzogene Genehmigungsverfahren
  • Zusammenfassung wirtschaftlich verbundener Betriebe über eine geplante Aggregationsregel
  • Einführung eines öffentlichen Registers.

Die Europaparlamentarier Weber, Mortler und Lins sowie die Bauernpräsidenten vereinbarten, den Prozess weiter in enger Abstimmung zu begleiten und auf Änderungen bei den identifizierten Schwachpunkten hinzuwirken.