Landwirt bringt Dünger auf seinem Feld aus
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Totales Durcheinander bei der Düngeverordnung

Woher rührt die Geheimniskrämerei bei der Ausweisung von neuen roten Gebieten?

24.02.2022 | Was Deutschland über 31 Jahre nicht gelungen ist, versuchen Bund und Länder nun mit der EU-Kommission zu regeln. Es soll eine neue Grundlage zur Ausweisung roter Gebiete für ganz Deutschland geben. Die Kommission hat die deutschen Pläne am 18. Februar erhalten.

Die in Deutschland davon betroffenen Landwirte haben allerdings nichts erfahren. Welche Gründe sprechen für diese Geheimniskrämerei? Im nachfolgenden Artikel gibt es hierzu einige Erläuterungen.

Wegen unvollständiger Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen aus dem Jahr 1991 wurde Deutschland zweimal vor dem Europäischen Gerichtshof verurteilt.
Die erste Verurteilung fand im Jahre 2002 statt. Damals war das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium grün regiert.
2018 gab es die zweite Verurteilung Deutschlands. Damals war das Bundeslandwirtschaftsministerium schwarz regiert. In beiden Fällen ist es nicht gelungen, die Vorgaben einer mittlerweile über 30 Jahre alten Richtlinie korrekt umzusetzen.

Längst bekannt sind die Probleme des deutschen Nitratmessnetzes. Hier hatte die EU-Kommission mit Schreiben vom 25.07.2019 Deutschland gegenüber unmissverständlich formuliert, dass die Werte für das Grundwasser an 697 Überwachungsstellen und für die Oberflächengewässer an 241 Überwachungsstellen, das heißt an 1,9 bzw. 0,7 Überwachungsstellen je 1.000 km² nicht ausreichen, um das verunreinigte Grundwasser und die verunreinigten Oberflächengewässer zu ermitteln, auf die die zusätzlichen Maßnahmen Anwendung finden würden. Die EU-Kommission hat in dem Schreiben die Auffassung vertreten, dass mit diesem Messnetz die praktische Anwendbarkeit deutscher Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie untergraben würden. Insoweit fehlt es hier also von vornherein an einer ganz wesentlichen Grundlage.

Auch das bayerische Messnetz weißt Mängel auf und verfehlte bei der letzten Gebietsausweisung mit knapp 600 Messstellen zudem die nach fachlichen Kriterien für eine Gebietsausweisung notwendige Messnetzdichte. Unstreitig werden für eine korrekte Ausweisung der roten Gebiete in Bayern 1.500 geeignete Messstellen erforderlich. Geeignet bedeutet hierbei von der Landwirtschaft beeinflusst und technisch einwandfrei. Bei dem bisherigen Ausbautempo von rund 120 zusätzlichen Messstellen pro Jahr wird es noch viele Jahre dauern, bis überhaupt 1.500 solche Messstellen vorhanden sind und damit die Basis für die Ausweisung roter Gebiete mit ggf. Bewirtschaftungseinschränkungen für die landwirtschaftlichen Betriebe. Hier führt es nicht weiter zurückzuschauen und die Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre zu thematisieren. Hier ist es notwendig schnell weitere geeignete Messstellen auszuweisen. Die bayerischen Landwirte haben sich im vergangenen Jahr an der Meldemöglichkeit der Umweltverwaltung für zusätzliche Stützmessstellen beteiligt. Leider wurde diese Zuarbeit bis dato allerdings nicht ausreichend gewürdigt.

Hinsichtlich der Berechnung der roten Gebiete bleibt unverändert festzuhalten, dass trotz einer bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift im Jahr 2021 jedes Land die roten Gebiete mit einer anderen Berechnungsmethode ausgewiesen hat. Auch hier gilt es lediglich sachgerechte, den Verhältnissen vor Ort entsprechende, transparente Verfahren einheitlich zur Anwendung zu bringen.

Schließlich ist und bleibt die Frage der Verursachergerechtigkeit zu klären. Auch hier hat es Deutschland trotz zwei Verurteilungen vor dem Europäischen Gerichtshof bis zum heutigen Tage nicht geschafft, den Landwirten eine konkrete Möglichkeit zu geben, bei entsprechender Wirtschaftsweise von den Bewirtschaftungsbeschränkungen ganz oder teilweise befreit zu werden.

Für die nähere Zukunft ist es wichtig, dass in Bayern schnell eine ausreichende Anzahl geeigneter Messstellen gefunden wird, dass in den zu betrachtenden Grundwasserkörpern schnell eine transparente Binnendifferenzierung durchgeführt wird und auf politischer Ebene nicht damit gespielt wird, dass die Klärungsbitte der Landwirte, die sich am Ende auch in 38 Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof niedergeschlagen hat, durch Drohkulissen mit einer mehr als Verdreifachung der roten Gebiete in Bayern beantwortet wird.