Waldweg in Bayern
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Position: Waldschutzsituation in Bayerns Wäldern spitzt sich weiter zu

Stellungnahme des Präsidiums des Bayerischen Bauernverbandes

27.05.2019 | Die extreme Dürre 2018 und die damit verbundenen enormen Schäden, insbesondere durch Borkenkäfer, sowie die erheblichen regionalen Schneebruch- und vereinzelten Sturmschäden in den Wintermonaten, haben tiefe Spuren in Bayerns Wäldern hinterlassen.

Zahlreiche junge Bäume, die unsere Waldbesitzer im Rahmen des Waldbaus schon gepflanzt hatten, sind wegen fehlender Niederschläge vertrocknet. Zudem führten die großen Mengen an Kalamitätsholz, die in ganz Mitteleuropa angefallen sind, zu einer desolaten Lage auf den Holzmärkten für Nadelholz. Kalamitätsholz ist aktuell nahezu unverkäuflich und die Erlöse für frisches Nadelholz sind aufgrund des Überangebots aus der Aufarbeitung des Kalamitätsholzes weiter rückläufig. Diese Situation trifft die bayerischen Waldbesitzer sehr hart. Dabei geht es auch um Existenzen.

 

Der Freistaat Bayern hat auf Initiative des Bayerischen Bauernverbandes, Bayerischen Waldbesitzerverbandes und der Familienbetriebe Land und Forst in Bayern 2018 mit seinem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Borkenkäfer und dessen Erweiterung am 15. Mai 2019 frühzeitig gehandelt und mit seiner Initiative zur steuerlichen Entlastung auf Bundesebene wichtige Impulse zur Unterstützung der betroffenen Waldbesitzer gesetzt. Diese Hilfsmaßnahmen des Freistaates Bayern sind vorausschauend, keinesfalls selbstverständlich und verdienen deshalb hohe Anerkennung.

 

Die stark gestiegenen Kosten für Aufarbeitung, Transport und Lagerung des Kalamitätsholzes, die fehlenden Absatzmärkte und die Schwierigkeiten der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse bei der Unterstützung der Waldbesitzer führen jedoch unweigerlich dazu, dass der bislang erfolgreiche Waldschutz in Bayern in Gefahr gerät. Aufgrund der hohen Fangzahlen im Zuge des Borkenkäfermonitorings und dem großen Angebot an bruttauglichem Material (Schnee-, Windbruch, dürregeschädigte Bäume) schlagen die Experten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Alarm. Es drohen größere Schäden als 2018 (5 Mio. Fm). Schnelles Handeln ist dringend geboten, um eine Katastrophe wie z. B. in Tschechien zu verhindern!

 

Die Bewältigung der Kalamitäten und die Wiederaufforstung der geschädigten Flächen bedeuten für jeden betroffenen Waldbesitzer enorm viel Arbeit und eine sehr hohe finanzielle Belastung. Das Präsidium bekräftigt deshalb die Stellungnahme der Präsidentenkonferenz vom 10. September 2018. Es erachtet aufgrund der höchst außergewöhnlichen Schadenssituation in den Wäldern sowie den Verwerfungen auf dem Holzmarkt darüber hinaus zusätzliche Schritte zur Unterstützung der bayerischen Waldbesitzer für dringend notwendig: 

 

  • Anhebung der Förderung der insektizidfreien Borkenkäferbekämpfung auf 15 €/Fm: Verstreuter Hiebsanfall, fehlende Dienstleister für die Aufarbeitung und den Transport des Kalamitätsholzes sowie nur begrenzt verfügbare Lagerplätze haben die Kosten für die Waldbesitzer in den letzten Monaten nochmals rapide nach oben getrieben. Gleichzeitig fehlen den Waldbesitzern die notwendigen Einnahmen aus dem Holzverkauf, um die Be-kämpfungsmaßnahmen finanzieren zu können. Der Fördersatz für die insektizidfreie Borkenkäferbekämpfung ist deshalb durch zusätzliche Haushaltsmittel auf mindestens 15 Euro je Festmeter anzuheben, was bei durchschnittlich 30 Euro/ Festmeter Aufarbeitungskosten etwa einer 50-prozentigen Beihilfeintensität entspricht. Nur so ist ein rascher Einschlag und Abtransport der befallenen Stämme aus den Wäldern sicherzustellen. Die aktuell von der Staatsregierung bereitgestellte Förderung der insektizidfreien Borkenkäferbekämpfung im Rahmen der notifizierten Richtlinie von fünf Euro pro Festmeter reicht nicht aus. Das BBV-Präsidium appelliert an die Bayerische Staatsregierung, durch beherztes und schnelles Handeln die finanziellen und beihilferechtlichen Hindernisse für die dringend notwendige, höhere Förderung aus dem Weg zu räumen.

 

  • Umgehende Erarbeitung einer EU-notifizierten Kalamitätsschadensrichtlinie: Die bestehenden forstpolitischen Instrumente bieten keinen ausreichenden Spielraum zur Bewältigung von Kalamitäten, so wie wir sie aktuell erleben und mit denen wir aufgrund des Klimawandels leider in Zukunft vermehrt rechnen müssen. Die Bayerische Staatsregierung wird deshalb aufgefordert, zeitnah eine nach EU-Recht notifizierte Kalamitätsschadensrichtlinie auszuarbeiten, die alle Instrumente enthält, die zur Bewältigung von Kalamitäten und Naturkatastrophen notwendig und sinnvoll sind. 

 

  • Umgehende Erarbeitung einer EU-notifizierten Richtlinie zur Förderung der forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse: Dringend geboten ist der Beschluss eines eigenen Beihilferahmens für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse auf europäischer Ebene, denn das enge Korsett der De-minimis-Regelungen hemmt eine aufgrund Klima- und Strukturwandel notwendig gewordene Weiterentwicklung dieser unverzichtbaren Selbsthilfeorganisationen und deren Förderung. Im Rahmen der Erweiterung des Maßnahmenpakets zur Borkenkäferbekämpfung hat die Staatsregierung eine neue Fördermöglichkeit für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, etwa für die Organisation von überbetrieblichen Bekämpfungsmaßnahmen, geschaffen. Auch wenn dieser Schritt zu begrüßen ist, so wird, mit Blick auf eine ganzheitliche Lösung, daran auch die Notwendigkeit einer eigenen EU-notifizierten Richtlinie sichtbar.

 

  • Pflanzenschutz dauerhaft sicherstellen: Pflanzenschutz ist für unsere Waldbesitzer eine „ultima ratio“. Daher sind die Verfügbarkeit und die rechtssichere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wichtige Komponenten im Waldschutz. Die Waldbesitzer sind aufgrund der aktuell dramatischen Waldschutzsituation auf zugelassene Pflanzenschutzmittel und die Genehmigung der Anwendung angewiesen. Hierzu appellieren wir an die Bayerische Staatsregierung, sich auf Bundesebene für eine Einigung in den Zulassungsverfahren und in den Genehmigungstatbeständen für das Anwendungsgebiet in der Forstwirtschaft einzusetzen.

 

  • Zur Bewältigung dieser Krise ist die Solidarität aller Waldbesitzer – Privat-, Kommunal- Staatswald - unerlässlich. Deshalb ist es notwendig, auf den Einschlag frischen Fichten-stammholzes bis auf weiteres zu verzichten und der Käfersuche und Aufarbeitung des Kalamitätsholzes höchste Priorität einzuräumen. Nur so ist es möglich, eine weitere Vermehrung des Borkenkäfers effektiv einzudämmen und die Holzmärkte zu entlasten. 

 

Der Klimawandel bedroht die bayerischen Wälder zunehmend in ihrer Existenz. Vertraute und viel geschätzte Waldlandschaften drohen verloren zu gehen. Deshalb brauchen wir Soforthilfen für unsere Wälder und unsere Waldbesitzer und gesetzliche Regelungen zum Schutz der Wälder vor den Klimafolgen. Dazu zählt auch eine konsequente Jagd im Sinne der Waldbesitzer und Gesetze. Schließlich geht es um den Erhalt der vielen Funktionen, die der Wald für Mensch und Natur erfüllt. Es geht um den Wald als Klimaschützer, als Schutz vor Lawinen, Erosion und Hochwasser, als Wasserspeicher, als grüne Lunge, Erholungsort und Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. 

 

Unsere Wälder sind systemrelevant und damit ist deren Schutz und Erhalt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe!
 

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