Schweine auf Stroh gehalten
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Position: Perspektive Nutztierhaltung in Bayern

Erklärung der Landesversammlung

29.11.2012 | Die Haltung von Nutztieren ist eine tragende Säule der bayerischen Landwirtschaft und trägt wesentlich zum Erhalt der Kulturlandschaft bei. In Bayern halten drei Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe Nutztiere.

Über 50 % des Produktionswertes der bayerischen Landwirtschaft entfallen auf tierische Erzeugnisse. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche ist Grünland, das nur über den Magen des Wiederkäuers zur Lebensmittelerzeugung genutzt werden kann. Die bayerischen Bauernfamilien sind sehr beunruhigt darüber, wie moderne Nutztierhaltung in die Kritik geraten ist und zum Teil in der Öffentlichkeit und in der Politik pauschal und ideologiegeprägt an den Pranger gestellt wird.

Für eine sachlich faire Diskussion
Die Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbandes fordert eine Versachlichung der Diskussion um die Nutztierhaltung. Gleichzeitig ist es unerlässlich, dass Diskussionspunkte gesamtheitlich betrachtet und bewertet werden. Hierzu gehört gerade auch der Blick auf Zielkonflikte sowie Ökonomie und Wettbewerb. Nur so kann sichergestellt werden, dass sinnvolle Impulse zur Weiterentwicklung gegeben werden und eine für Tierschutz wie auch Verbraucherschutz kontraproduktive Verlagerung der Nutztierhaltung ins Ausland vermieden wird.

Dialogbereit und verantwortungsbewusst
Die bayerischen Bauern sind bereit und interessiert an einem sachlichen Dialog mit den Verbrauchern, den Marktpartnern und der Politik. Sie bekennen sich dabei zu ihrer Verantwortung als Tierhalter:
 

  • Sie gehen Tag für Tag sorgfältig und verantwortungsvoll mit ihren Tieren um und respektieren sie als Lebewesen.
  • Sie achten auf gesunde Tiere, da diese die Voraussetzung sind, um hochwertige tierische Lebensmittel zu erzeugen. Nichtsdestotrotz können Tiere krank werden und müssen dann in Zusammenarbeit mit dem Tierarzt behandelt werden. Das gebietet der Tierschutz.
  • Beim täglichen Umgang mit den Tieren beachten sie den Tierschutz, der in Deutschland und Europa auch gesetzlich auf hohem Niveau verankert ist.
  • In Fragen des Tierkomforts können die Bauern das realisieren, was am Markt honoriert wird.

 
Weiterentwicklung mit Maß und Ziel
Die Landwirtschaft ist eine dynamische Branche, die sich beständig weiterentwickelt. In der Nutztierhaltung haben die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, gerade auch für die Tiere, erhebliche Verbesserungen mit sich gebracht. Moderne Ställe bieten mehr Licht, mehr Platz und besseres Klima als in den vermeintlichen „guten, alten Zeiten“. Auch Hygiene und Sicherheit in der Lebensmittelerzeugung wurden erheblich ausgebaut. Eine kontinuierliche und nachhaltige Weiterentwicklung tragen die Bauernfamilien weiterhin aktiv mit. Dabei müssen Weiterentwicklungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, sowie praxis- und marktreif sein. Außerdem muss die Wirkung auf regionale Strukturen (Betriebsgrößen, Vermarktungswege) und auf die Wettbewerbsfähigkeit beachtet werden.
 
Politik muss die Weichen richtig stellen
Der verantwortungsbewusste Umgang der Tierhalter sowie ihre Bereitschaft zu Dialog, Transparenz und Weiterentwicklung können jedoch die Zukunftsperspektive für die Nutztierhaltung in Bayern nur dann gewährleisten, wenn auch die Politik die Weichen richtig stellt und sich zur modernen Nutztierhaltung bekennt. Dazu haben die Bauernfamilien folgende zentrale Erwartungen:
 

  • Keine nationalen Alleingänge
    Im europäischen Binnenmarkt gefährden nationale Alleingänge die Wettbewerbsfähigkeit.
     
  • Bestandsschutz gewährleisten
    Planungssicherheit und Verlässlichkeit müssen zukünftig ernster genommen werden. Es gilt, Bestandsschutz für bestehende Anlagen zu gewährleisten bzw. die Dauer von Übergangsfristen an den Kalkulationszeiträumen für Investitionen, zum Beispiel in einen Stallbau, auszurichten.
     
  • Kein Strukturwandel durch die Hintertür
    Die aktuellen Gesetzgebungsvorhaben - ob bei der baurechtlichen Privilegierung für Stallbauten, der Anlagenverordnung, der Düngeverordnung oder beim Arzneimittelgesetz - bewirken unzumutbare Bewirtschaftungserschwernisse, Kostensteigerungen und Wettbewerbsverzerrungen. Das führt zu Betriebsaufgaben, vor allem kleinerer und mittlerer bäuerlicher Betriebe.
     
  • Kein verengter Blickwinkel nur auf die Nutztierhaltung
    Ein wesentlicher Kritikpunkt an den im Rahmen der Novelle des Arzneimittelgesetzes geplanten Maßnahmen zur Eindämmung von antibiotikaresistenten Keimen ist die sachlich nicht begründbare Fokussierung nur auf die Nutztierhaltung. Auch die Hobbytierhaltung und die Humanmedizin müssen miteinbezogen werden. In Anbetracht der jährlichen Zahl an Todesfällen aufgrund von Krankenhauskeimen darf die Novellierung um diesen Bereich keinen Bogen machen.
     
  • Engagement der Wertschöpfungskette nicht konterkarieren
    Wenn die Wirtschaft freiwillig Themen anpackt, sollte die Politik diese Anstrengungen flankieren und unterstützen und nicht durch eigene Initiativen „rechts überholen“.
     
  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit nicht vernachlässigen
    Die Politik ist weiterhin gefordert, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit nicht zu vernachlässigen. Dazu gehört zum Beispiel der Erhalt der Basisförderung bei der Investitionsförderung.

 
Freiwillige Zusatzleistungen: Möglich ist, was bezahlt wird
Ob Molkereien, Schlachtunternehmen oder Lebensmitteleinzelhandel - eine Reihe von Unternehmen machen sich Gedanken über Marktprogramme rund um Tierhaltung und Tierkomfort. Dazu haben die Bauernfamilien folgende zentrale Erwartungen:

  • Freiwillige zusätzliche Leistungen (z. B. beim Tierkomfort) sind grundsätzlich möglich. Sie müssen aber auch zusätzlich bezahlt werden, und zwar dauerhaft und vollständig.
  • Diese zusätzlichen Leistungen sind in extra Programmen umzusetzen. Sie dürfen inhaltlich nicht in bestehende Qualitätssicherungssysteme integriert werden.
  • Im Bereich der Zertifizierung und Durchführung von Kontrollen sind hingegen Synergien mit bestehenden Systemen zu suchen.
  • Durch die Ausgestaltung freiwilliger Zusatzprogramme muss die Gefahr minimiert werden, dass Marktinitiativen Impulse zur Erhöhung gesetzlicher Vorgaben geben.
  • Geeignete Programme sollen innerhalb der Wertschöpfungskette erarbeitet werden. Die Bauern sind hier frühzeitig und partnerschaftlich miteinzubeziehen.