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"Mercedes gibt's nicht zum Fiat Panda-Preis!"

Initiative Tierwohl und QM+ kurz vor dem Start

03.01.2022 | Fast zwei Jahre lang verhandelten Vertreter von Landwirtschaft, Milch- und Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel über freiwillige, marktfinanzierte Programme für mehr Tierwohl bei Rindfleisch und Milchprodukten nach dem Vorbild der Brancheninitiative Tierwohl (ITW) für Schweine- und Geflügelfleisch.

Aktuell steht die Unterzeichnung der entsprechenden Branchenvereinbarungen für die ITW Rindfleisch und QM+ – ein Zusatzmodul Tierwohl zu QM – an. Vonseiten der Landwirtschaft ist der Deutsche Bauernverband (DBV) potenzieller Unterzeichner der Branchenvereinbarungen. In der landwirtschaftlichen Verhandlungsdelegation befanden sich Ehren- und Hauptamtliche, die beim DBV und/oder in den Landesverbänden Verantwortung tragen. Als Vertreter Süddeutschlands waren das Wolfgang Scholz, Vorsitzender des VMB und Vizepräsident des BBV-Bezirksverbandes Oberbayern, und Isabella Timm-Guri, BBV-Direktorin des Fachbereichs Erzeugung und Vermarktung.

Timm-Guri erläutert den Verlauf der Verhandlungen: „Es waren sehr schwere und unglaublich zähe Verhandlungen. Im ersten Jahr der Verhandlungen war die Wunschliste vor allem des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zu nötigen Tierwohlkriterien lang. Und wir als Landwirtschaft waren bereit, uns diesen Herausforderungen zu stellen, soweit es sich um fachlich sinnvolle und praktikabel umsetzbare Kriterien handelte. Mitte letzten Jahres kam es dann zu einer Kehrtwende des LEH und zwar in dem Moment, als die unabhängigen ökonomischen Experten Preisschilder an die Kriterien hefteten. Der LEH macht unmissverständlich klar, dass der Preis für den gemeinsam zusammengestellten Tierwohlkatalog am Markt nicht zu erlösen sei und massiv reduziert werden müsse. Da aber die Landwirtschaftsseite ebenso unmissverständlich klar machte, dass es einen Mercedes nicht zum Preis eines Fiat Panda geben würde, blieb nur ein Weg: Kriterien streichen. “

Timm-Guri zeigt sich daher höchst ernüchtert über die Schizophrenie zwischen den öffentlichen Kampagnen rund um Tierwohl der großen LEH-Konzerne und dem tatsächlichen Willen zur Bezahlung. Darüber hinaus ist sie sehr enttäuscht, dass es trotz intensiver Bemühungen nicht möglich war, die besonderen Belange der kleineren Betriebsstrukturen im Süden Deutschlands in den bundesweiten Branchenprogrammen zu berücksichtigen. Immerhin aber hat der BBV erreicht, dass auch Milchviehbetriebe, die eine Kombinationshaltung mit 120 Tagen Bewegung haben, an dem Programm teilnehmen können.