BBV-Experte Isidor Schelle spricht über Vorsorge
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Isidor Schelle, Projektleiter für Sozial- und Generationennachfolgeberatung im Bayerischen Bauernverband, spricht über die rechtzeitige Vorsorge

„Selbstbestimmung im Sinne der Familie und des Unternehmens“

Im Interview mit Projektleiter Isidor Schelle über die BBV-Vorsorgewoche

05.01.2018 | Im Januar 2018 steht an Ihrer BBV-Geschäftsstelle alles unter dem Motto Vorsorgewoche – mit Veranstaltungen und Seminaren rund um Vorsorge zu Unfall, Tod, Krankheit und Alter. Warum es sich lohnt, sich jetzt über Vorsorge Gedanken zu machen, erklärt Ihnen der Vorsorgeexperte Isidor Schelle im Interview...

Herr Schelle, Sie sind Projektleiter der Sozial- und Generationenfolgeberatung im BBV. Was verstehen Sie denn unter der Vorsorgewoche des Bayerischen Bauernverbandes 2018?

Es gibt grob eingeteilt drei Arten der Vorsorge:
Erstens die finanzielle – aufgeteilt in die Bereiche Risikovorsorge (Berufsunfähigkeit, Unfall, Krankheit, Pflege, Tod etc.), Liquiditätsabsicherung  und die Altersvorsorge. Zweitens die gesundheitliche, in Sachen Bewegung, Ernährung und Stress und drittens die rechtliche Vorsorge, in der Regel im persönlichen Bereich angesiedelt, wie zum Beispiel Testament, Betreuung, Eherecht und dergleichen.


 
Geht es dann im Januar um alle drei Bereiche?

In unserer Vorsorgewoche vom 8. bis 12. Januar 2018 wollen wir den Schwerpunkt in der rechtlichen Vorsorge innerhalb der Familie setzen. Angefangen von Patientenverfügung, über Betreuungsvollmachten bis hin zu einer für die Familie und das Unternehmen passgenau zugeschnittenen Regelung der Vermögensnachfolge im Todesfall wie Testament etc.

Darüber hinaus bietet aber der Bayerische Bauernverband mit seinen Tochterunternehmen auch in anderen Bereichen entsprechende Beratung an, wenn es zum Beispiel um die eigene Altersversorgung geht. Und wer auf die guten, bayerischen Lebensmittel zugreift, hat sicherlich auch in der Gesundheitsvorsorge schon einiges getan.

Dennoch: „Was ist der Hintergedanke der Vorsorgewoche?“
Meistens macht man sich über die eigene Vorsorge doch nur Gedanken, wenn etwas im persönlichen Umfeld passiert; sei es der Start ins Berufsleben eines Kindes, aber auch Krankheit, Pflegefall oder gar ein Todesfall in der Verwandtschaft oder Nachbarschaft und so weiter…
 
Wir wollen unsere Mitglieder aufmerksam machen, dass es sich gerade im Bereich der persönlichen Vorsorge immer lohnt und zur gewissen Gelassenheit beiträgt, sich Gedanken zu machen, entsprechende Anordnungen aufzusetzen und diese auch nach ein paar Jahren immer wieder zu überprüfen, ob sie noch den persönlichen Lebensumständen entsprechen. Letztlich geht es stets um die maximale Selbstbestimmung im Sinne der Familie und des Unternehmens.


 
Haben Sie hier konkrete Beispiele?

Wenn ich als junger Mensch ein Testament verfasse, unverheiratet, ohne Kinder und ohne Vermögen bin, dann schaut dieses Testament sicherlich anders aus wie wenn ich Familie und ein gewisses Vermögen oder eben ein Unternehmen habe.

Hinterlasse ich „nur“ Geld, ist die Aufteilung unter den Erben relativ einfach. Anders schaut es schon aus, wenn sich in meinem Erbe Immobilien oder gar ein ganzer Betrieb befinden, der auch noch weiter bewirtschaftet werden muss. Habe ich eine eigene Familie und regele für den Fall meines Ablebens nichts, mündet der Vermögensnachlass in eine Erbengemeinschaft und dann geht meistens der Ärger los.

Mit der richtigen Beratung und daraus folgenden Maßnahmen im Vorfeld, lässt sich dies verhindern.

 

Wie schaut es im Betreuungsrecht aus? Hier ist doch immer der Ehepartner derjenige, der für einen alles regelt - oder?

Das ist der häufige Trugschluss. Automatisch ohne Regelung ist das genau nicht der Fall. Letzten Endes muss dann ein Betreuungsgericht mit einem gerichtlichen Beschluss festsetzen, wer als Betreuer am geeignetsten erscheint und für welche Bereiche im konkreten Fall dies festgelegt wird. Bezüglich der einzusetzenden Betreuer können die jeweilige Person aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis sein, es können aber auch berufsmäßige Betreuer sein. Genau hier kann man durch eine sogenannte Betreuungsverfügung die Basis legen für die Betreuung, die ich mir im Falle des Falles wünsche. Der eingesetzte Betreuer steht jedoch unter der Aufsicht des Betreuungsgerichts.


 
Man hört immer wieder die Begriffe Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht. Brauch ich so etwas oder reicht es, wenn ich es dann bei Verhinderung oder Krankheit eine solche aufsetze?

Wenn es der persönliche Wunsch ist, Personen des Vertrauens unabhängig vom Betreuungsgericht gerade für den Fall der eigenen Geschäftsunfähigkeit als Vertreter einzusetzen, dann ein klares Ja. Jedoch ist es wichtig zu wissen, dass zum Zeitpunkt der Vollmachtserklärung volle Geschäftsfähigkeit gegeben sein muss und das es eine Frage des Vertrauens ist.


 
Wann braucht man eine sogenannte Vorsorgevollmacht oder manchmal auch Generalvollmacht?

Dann, wenn man seine Angelegenheiten selbst nicht mehr erledigen kann und beispielsweise Angehörige frei und ohne Zustimmung des Betreuungsgerichts Entscheidungen des Alltags treffen und umsetzen können sollen. Denken Sie an eine schwere und unerwarteten Krankheit wie einen Schlaganfall oder wenn sich jemand zum Beispiel nach einem Unfall im Wachkoma befindet.

In so einem Fall kann man selber nichts mehr erklären, geschweige eine Vollmacht ausstellen. Ist nichts geregelt, gerät man zwangsläufig unter die staatliche Aufsicht des Betreuungsgerichts beziehungsweise kann auch zum Spielball innerhalb der Familie werden.  Eine Generalvollmacht kann insbesondere im unternehmerischen Bereich existentiell sein, da hier täglich Entscheidungen zu treffen sind.

Ein weiteres Thema ist die Patientenverfügung, welche in den Kerneckpunkten in der Regel in die Vorsorgevollmacht integriert wird. Hierbei geht es um das Arzt-/Patientenverhältnis mit Klärung der Fragen, wie in besonderen oder unheilbaren Krankheitssituationen umgegangen und entschieden werden soll. Stichworte hierfür sind Fragen und Entscheidungen zu lebensverlängernden Maßnahmen, künstliche Ernährung, Arten und Anwendung von Behandlungsmethoden und Aufenthaltsvarianten bis hin zur Frage der Organspende.

Auch hier sollte man seinen persönlichen Willen erklären, damit sich Angehörige und Ärzte leichter tun. Dies sind eigentlich auch höchstpersönliche Entscheidungen, wofür man die Verantwortung übernehmen sollte.


 
Das heißt, die persönliche Vorsorge sollte immer einen aktuellen Stellenwert in der Lebensplanung haben?

Die persönliche Vorsorge muss einen festen Bestandteil im Gang durchs Leben und in den einzelnen Lebensphasen haben. Wer sich darauf verlässt, dass auch im schlimmsten Fall alles schon irgendwie so gemacht werden wird, wie man es selber tun würde, muss leider feststellen, dass dem nicht so ist.

 

Was ist nun konkret zu tun?

Der Bayerische Bauernverband bietet in der Vorsorgewoche vom 8. bis 12. Januar flächendeckend in ganz Bayern Informationen rund ums Thema Vorsorge, Erbrecht und Eherecht an. Dies kann, je nach Kreisverband, ein Seminar sein, ein Vortrag auf einer Kreisversammlung oder auch eine fachliche Abhandlung in der örtlichen Presse.
Wir rufen unsere Mitglieder oder die, die´s gerne werden wollen, dazu auf, sich an diesen Terminen zu informieren, in sich zugehen und dann konkrete Schritte zu unternehmen.


 
Diese Schritte finden dann wie und wo statt?

Der Bayerische Bauernverband betreibt flächendeckend in ganz Bayern ein Geschäftsstellennetz, an dem Sie sich als Mitglied entsprechende Beratung einholen können. Die Fachberater des Bayerischen Bauernverbandes können umfassend Auskunft geben über Sozial-, Ehe-, Erbrecht und im Bereich der Vorsorge. Eine solche Beratung ist natürlich umso effektiver, je mehr man eine gewisse Vorinformation hat und weiß, wie man seine familiären Verhältnisse im Falle der Fälle organisieren möchte.

 

Reicht es, wenn ich dann nur beim Bayerischen Bauernverband mir die Beratung hole oder ist mehr zu tun?

Die Beratung ist immer nur der erste Schritt. Man muss dann anschließend schon „Nägel mit Köpfen“ machen.

In einigen Bereichen, sind eigenhändig aufgesetzte oder durch den Fachberater des Bauernverbandes ausgearbeitete Vollmachten ausreichend, in anderen braucht man zwingend einen Notar, weil eine notarielle Beurkundung Sinn macht. Eine amtliche Beglaubigung vom Landratsamt oder Notariat macht in aller Regel immer Sinn. Aber das sind alles Dinge, die im Rahmen eines Beratungsgespräches abgeklärt und ausgearbeitet werden.


 
Ist so ein Beratungsgespräch kostenfrei?

Es besteht jetzt im Rahmen der Vorsorgewoche die Möglichkeit, sich bei den Veranstaltungen eine gewisse Grundinformation zu holen. Ein tiefergehendes detailliertes Beratungsgespräch an der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes wird je nach zeitlichem Aufwand separat berechnet. Aber diese Kosten sollte man nicht scheuen, angesichts dessen, was man sich und seiner Familie an Klarheit, Sicherheit und Handlungsmöglichkeiten dadurch an die Hand gibt. Dieses Geld ist gut investiert.


 
Kann ich eine Beratung nur in der Vorsorgewoche an der Geschäftsstelle erhalten?

Nein, die Vorsorgewoche soll nur auf diese wichtige Thematik aufmerksam machen. An den Geschäftsstellen können Sie das ganze Jahr über einen Beratungstermin vereinbaren. Nur - sind wir mal ehrlich, wer denkt im Laufe des Jahres darüber nach, eine Vorsorgevereinbarung oder eine Patientenverfügung abzuschließen.

Deshalb unsere bayernweite Aktion im Januar: Wir wollen mit frischer Energie das Thema im neuen Jahr angehen und im Lauf des Frühjahres mit unseren Mitgliedern dann gemeinsam abarbeiten.