Acker und Wiese
© BBV

Grundstein für nachvollziehbare Abgrenzung legen

Forderungen des Präsidiums des BBV zur Bundesverwaltungsvorschrift Rote Gebiete

26.05.2020 | Mit der Erarbeitung einer Bundesverwaltungsvorschrift wird aktuell der Grundstein für die Neuabgrenzung der roten Gebiete nach Düngeverordnung 2020 gelegt.

Der Bayerische Bauernverband bekräftigt seine Forderung nach einer nachvollziehbaren und regional differenzierten sowie verursachergerechten Abgrenzung der roten Gebiete und unterstützt daher die in der neuen Düngeverordnung vorgesehene Verpflichtung zur Binnendifferenzierung. Das Präsidium des BBV betont seine Position zur Bundesverwaltungsvorschrift vom 09.03.2020 sowie die Position der Präsidentenkonferenz des BBV zu Messstellen und roten Gebieten, unter anderem nach einer

  • transparenten Überprüfung und erforderlichen Korrekturen bei Messnetzen und einzelnen Messstellen. Dabei sind Messstellen auszuklammern, bei denen Einflüsse und Überschreitungen von Schwellenwerten nicht eindeutig der aktuellen landwirtschaftlichen Nutzung zuzuschreiben sind.
  • Abgrenzung der roten Gebiete möglichst anhand hydrogeologischer Kriterien
  • Anpassung der Grundwasserkörpereinstufung nach Grundwasserverordnung als Basis für die roten Gebiete nach Düngeverordnung

und bekräftigt die Notwendigkeit eines dreistufigen Schemas zur Binnendifferenzierung wie folgt:

  1. Aus den Vorgaben der DüV 2020 ergibt sich als erster Schritt für eine Binnendifferenzierung, dass aus Grundwasserkörpern in schlechtem Zustand gemäß §7 der Grundwasserverordnung diejenigen Gebiete auszunehmen sind, in denen weder eine Überschreitung des Schwellenwertes von 50 mg Nitrat pro Liter, noch ein steigender Trend in Verbindung mit einer Nitratkonzentration von mehr als 37,5 mg pro Liter festgestellt wurden. Bisher in Bayern gemachte Einschränkungen wie eine Mindestgebietsgröße von 25 km2 oder ein fallender Trend der Messwerte sieht die Düngeverordnung nicht vor.
  2. In einem weiteren Schritt können Bereiche um Messstellen mit Schwellenwertüberschreitung anhand einer Modellierung detaillierter überprüft werden. Die bereits in der Vergangenheit hierzu verwendeten statistischen landwirtschaftlichen Daten sind zu verfeinern. Hierfür können aus Sicht des BBV z.B. die über Invekos zur Verfügung stehenden Daten anonymisiert in die Modellierung einfließen. Darüber hinaus können auch Kooperations- und Projektgebiete positiv berücksichtigt werden.
  3. In den verbleibenden roten Gebieten sind einzelbetriebliche Befreiungen für gewässerschonend wirtschaftende Betriebe notwendig.

Verfeinerung der Modellierung

Die bisher überwiegend auf Messdaten und allgemeinen Angaben zur Landnutzung beruhende Gebietsabgrenzung in Bayern muss künftig zielgenauer und kleinräumiger werden. Aufgrund des bislang sehr weiträumigen Messnetzes sowie eines regional langen Gedächtnisses des Grundwassers kann die Einbeziehung landwirtschaftlicher Anbau-, Ertrags- und Düngedaten sowie deren stärkere Regionalisierung einen sinnvollen und notwendigen Beitrag leisten um Schwachstellen und Gebiete mit Handlungsbedarf besser von Gebieten ohne Handlungsbedarf abgrenzen zu können. Dies kann die Akzeptanz aller Beteiligten für die nach Bundesrecht notwendige Gebietsabgrenzung erhöhen. Der BBV hält eine stärkere Einbeziehung von landwirtschaftlichen Daten unter den folgenden Voraussetzungen grundsätzlich für möglich:

  1. Für die Gebietsabgrenzung sind nur landwirtschaftliche Daten zu verwenden die bereits vorliegen und zu keinem zusätzlichen Aufwand für die Betriebe führen. Ausgenommen davon sind zusätzliche Informationen die für eine einzelbetriebliche Befreiung notwendig werden.
  2. Landwirtschaftliche Daten sind von der Landwirtschaftsverwaltung aufzubereiten und auf deren Tauglichkeit und Aussagefähigkeit zu prüfen. Daten sind von der Landwirtschaftsverwaltung nur in einer für die Modellierung tauglichen und aussagekräftigen Form weiterzugeben.
  3. Einzelbetriebliche Daten dürfen nur mit Zustimmung des Betriebes und lediglich für den Fall der einzelbetrieblichen Befreiung herangezogen werden. Für die allgemeine Binnendifferenzierung kann beispielsweise auf vorhandene statistische Daten und aggregierte Invekos-Daten zurückgegriffen werden.
  4. Im Gegenzug zur erweiterten Einbeziehung landwirtschaftlicher Daten müssen alle für die Gebietsabgrenzung relevanten wasserwirtschaftlichen Daten (insbesondere Messwerte sowie Detailinformationen zu den relevanten Messstellen) transparent und für die Betroffenen zugänglich und nachvollziehbar sein.

Einzelbetriebliche Befreiungen

Der BBV sieht unter anderem folgende Ansatzmöglichkeiten für einzelbetriebliche Befreiungen:
a.    Befreiung für Betriebe mit Teilnahme an Kooperationsprojekten
Diese Befreiung ist dringend notwendig um bisheriges freiwilliges Engagement von Wasserversorgern und Landwirten zu würdigen und die vor Ort zielführenden Kooperationen weiter zu forcieren. Dabei ist es wichtig, dass der gesamte Betrieb, der an einer Kooperation teilnimmt, befreit wird und nicht nur die Flächen, die mit Maßnahmen belegt sind (Bsp. gebietsbezogene Konzepte in Franken).
b.    Befreiung für Betriebe mit Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen
Es ist unverständlich, dass eine Befreiung von Betrieben mit Agrarumweltmaßnahmen aus förderrechtlichen Gründen nicht möglich sein soll. Auch beim Erosionskataster ist es gelungen, Betriebe von den vorgegebenen Maßnahmen des Erosionskatasters zu befreien, wenn diese die Erosionsschutzwirkung über die Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen sicherstellen.
c.    Befreiung auf Basis einer Feld-Stall-Bilanz
Freiwillige Fortführung einer Feld-Stall-Bilanz für Betriebe die eine Befreiung nachweisen wollen. Die Feld-Stall-Bilanz bietet eine gute Möglichkeit der Kontrolle der Düngung. Das Instrument ist bereits verfügbar und könnte damit bereits für 2021 eingesetzt werden.
d.    Befreiung auf Basis von Düngebedarfsermittlung und Düngedokumentation
Aus dem Düngebedarfswert und der Düngedokumentation könnte eine neue Kennzahl entwickelt werden. Dabei wären bei der Düngedokumentation zusätzlich die Wirksamkeit im Jahr der Ausbringung, die Nährstoffnachlieferung aus dem Bodenvorrat und die organische Düngung des Vorjahres sowie die Vorkultur zu berücksichtigen (wie in der Bedarfsermittlung vorgesehen).
e.    Befreiung auf Basis der Stoffstrombilanz:
Die Hoftor-Bilanz ist in wissenschaftlicher Fachliteratur grundsätzlich anerkannt als Indikator für die Nährstoffeffizienz eines Betriebes. Nachdem ein Großteil der Betriebe die Stoffstrombilanz künftig ohnehin erstellen muss, liegen die Daten vor. Andererseits kann der jeweilige Nährstoffsaldo der Stoffstrombilanz allein jedoch keinen Hinweis auf ein mögliches Auswaschungspotenzial geben, weil sich das System Feld-Stall als eine Teilbilanz innerhalb der "Black-Box" Betrieb befindet. Zudem sind im Saldo der Stoffstrombilanz die gasförmigen Verluste sowie etwaiger Humusaufbau mit inbegriffen.
Die notwendigen Daten zur Überprüfung des Düngeerfolgs wären jedoch mit erfasst, was theoretisch das Herausstellen der Teilbilanz Feld-Stall möglich macht. Probleme treten jedoch auf, weil verschiedene Betriebstypen bei der aktuellen Herangehensweise mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben und Verluste, wie z.B. unvermeidliche Futterverluste oder Messunsicherheiten, nicht einbezogen werden. Darüber hinaus ist die künftige Bewertung der Stoffstrombilanz ungewiss, so dass eine endgültige Abschätzung schwierig ist.
f.    Befreiung auf Basis einer Herbst Nmin-Beprobung
Zahlreiche Wasserkooperationen nutzen den Herbst Nmin als Maßstab für den Erfolg und die Honorierung der Teilnehmer bei Kooperationsmaßnahmen. Hierzu müssten äußere Einflüsse wie Witterung und Klima sowie eine Kontrolle über Referenzwerte einbezogen werden. Der Nachteil ist eine geringe Planungssicherheit für den Landwirt. Fachlich ist Nmin als Maßstab auch nur auf tiefgründigen Böden mit mindestens 60 cm beprobbarem Bodenprofil sinnvoll. Für Bodentypen, die nur ein A-C Profil aufweisen, sind wenig für diese Methode geeignet.
g.    Befreiung auf Basis einer Prüfung und Bestätigung durch die zuständige staatliche Stelle oder weitere zugelassene Institutionen
Wenn auf Basis obiger Vorschläge auf die Schnelle kein Mechanismus zur Befreiung gewässerschonend wirtschaftender Betriebe entwickelt werden kann, wäre es denkbar, dass die staatliche Stelle oder eine andere zugelassene Institution (z.B. aus der Verbundberatung) die Wirtschaftsweise und Befreiungsmöglichkeit des Betriebes prüft und bestätigt.

Hier steht Ihnen die gesamte Stellungnahme zum kostenfreien Download (pdf) zur Verfügung.